Moers/Neukirchen-Vluyn Flüchtlingsband dreht Musikvideo für NRW

Moers/Neukirchen-Vluyn · Sechs syrische Musiker aus Neukirchen-Vluyn haben anlässlich des 70. NRW-Geburtstages einen Filmcollagen-Beitrag gedreht.

 Mit dem Kanu ins Moerser Rathaus: Eine Szene aus dem gestern gedrehten Film.

Mit dem Kanu ins Moerser Rathaus: Eine Szene aus dem gestern gedrehten Film.

Foto: Bettina Engel-Albustin

Wer gestern gegen zwölf Uhr am Moerser Rathaus vorbeigelaufen ist, dürfte erst einmal gestutzt haben: Sechs junge Männer versuchten, ein breites Kanu durch den den Eingang zu tragen. Ein Kamerateam begleitete das unmögliche Unterfangen.

Der Grund für die außergewöhnliche Aktion war der Musikvideodreh der syrischen Flüchtlingsband "Heimatlos" aus Neukirchen-Vluyn. Die Musikgruppe folgte einem Aufruf zum 70. Geburtstag des Landes Nordrhein-Westfalen: Alle Bürger können bis zum 30. Juni Videos von Menschen, Orten und Situationen einschicken, die die Einzigartigkeit des Bundeslandes hervorheben. Die besten Filme werden zu einer Filmcollage zusammengefügt.

Für ihren "Fluchtliniensong", den die sechs Musiker im Alter von 16 bis 26 Jahren mit ihrem Bandcoach Matthias Bangert und dem künstlerischen Leiter Frederik Göke, erarbeitet haben, wird nun ein Musikvideo produziert, mit dem sie am Wettbewerb des Landes teilnehmen werden. In Zusammenarbeit mit einem Moerser Tonstudio wurde der Song bereits aufgenommen. Die filmischen Arbeiten übernehmen drei Absolventen einer Kölner Medienhochschule: Andrei Turcán (Regie), Robert Zinke (Kamera) und Philipp Kullbach (Kamera und Ton).

Die Dreharbeiten für das Video, das die verschiedenen Stationen der Flucht zeigen soll, begannen gestern in Moers. Vor dem Rathaus soll die Ankunft der sechs Flüchtlinge in Deutschland dargestellt werden. Im Handgepäck: Ihr Boot, mit dem sie das Mittelmeer überquert haben. Der Dreh gestaltet sich kreativ und spontan. Da die Musiker mit ihrem großen Kanu einfach nicht durch den Rathauseingang passen wollen, geht es die Treppe hinunter zum Bach hinter dem Gebäude. "Sollen wir nicht mit dem Kanu auf den Bach und dann dort am Rathaus anlegen?", überlegt Frederik Göke und sieht fragend zu Kameramann Philipp Kullbach hinüber. Schließlich einigt sich das Filmteam auf die Brücke über dem Bach. Das Boot wird auf dem Boden abgelegt, die Musiker lehnen sich daran und schließen die Augen. "Hier ist eine Zwischenstation. Ihr legt an und müsst euch eine Weile ausruhen", erklärt Göke den jungen Männern. "Das ist wichtig. Schließlich drehen wir morgen eine Szene auf hoher See", sagt Kullbach mit einem Augenzwinkern und meint damit die nachgestellte Fluchtszene auf dem Mittelmeer, die morgen wegen des Rhein-Hochwassers auf der Lippe gedreht wird.

Im "Fluchtliniensong" verarbeiten die Musiker die Erlebnisse, die sie auf dem langen Weg von Syrien nach Deutschland gemacht haben. Eine Textzeile in der dritten Strophe erzählt von einer Fahrt im LKW: "Wir sind gestapelt aufeinander in dieser dunklen Transportkammer / und schnappen hier nach Luft". Doch obwohl der Text tiefsinnig ist und von schlimmen Gegebenheiten berichtet, ist es ein Lied "zum Mitklatschen". "Der Song ist schräg und hat einen bissigen, schwarzen Humor", sagt Konrad Göke, Pressereferent von "Heimatlos".

(RP)
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