Moers Eine Reise als Chance

Moers · Der Moerser Helge Dahmen hat einen 200 Seiten starken Reisebericht über eine individualpädagogische Radtour durch die Vereinigten Staaten vorgelegt. Der Sozialwissenschaftler hat das Buch im Eigenverlag veröffentlicht.

 Das Jugendamt seiner Heimatstadt schickte den damals 15-Jährigen Boris mit Helge Dahmen als sozialpädagogische Fachkraft auf eine Radtour quer durch die USA.

Das Jugendamt seiner Heimatstadt schickte den damals 15-Jährigen Boris mit Helge Dahmen als sozialpädagogische Fachkraft auf eine Radtour quer durch die USA.

Foto: Klaus Dieker

Boris ist heute 24 Jahre alt. Er will das Fachabitur machen und danach als Streetworker arbeiten. Zu Helge Dahmen, dem Moerser Sozialwissenschaftler und Buchautor hat er neun Jahre nach der vielleicht intensivsten Zeit seines Lebens immer noch Kontakt.

Das Jugendamt seiner Heimatstadt schickte den damals 15-Jährigen mit Helge Dahmen als sozialpädagogische Fachkraft auf eine Radtour quer durch die USA. Individualpädagogisches mobiles Einsatzprojekt heißt das im Fachjargon. "Man kann auch mobile Einzelhaft dazu sagen", sagt Dahmen mit einem Augenzwinkern.

Boris ist nicht der richtige Name des jungen Mannes, der laut Helge Dahmen als schwieriger, fast schon hoffnungsloser Fall galt. "Es drohte ihm eine Haftstrafe. Er stand vor dem sozialen Abgrund", erläutert der Moerser, der den damals 15-Jährigen als Einzelbetreuer auf der Rucksacktour begleitete.

Was das Duo auf dieser pädagogischen Reise erlebte, wie sich Boris im Verlaufe der strapaziösen Tour fernab der Heimat entwickelte, das alles hat Dahmen im Tagebuch schriftlich festgehalten, später mit Kommentaren und weiteren Erläuterungen nachbearbeitet und im Eigenverlag als einen Reisebericht der etwas anderen Art veröffentlicht.

Fortsetzung folgt

Im Jahr 2000 trat Helge Dahmen erstmals ein solches individualpädagogisches Reiseprojekt mit einem jugendliche Delinquenten an. Damals ging es für ein halbes Jahr durch Australien. "Ich sprang ins kalte Wasser und war noch ziemlich blauäugig. Ich wollte ins Ausland gehen, und außerdem mag ich Kinder und Jugendliche. So kam das. Ich glaube, ich kann Kindern was mit auf den Lebensweg geben", erklärt Helge Dahmen, der seit 1996 in pädagogischen Berufen tätig ist.

Auch auf seiner ersten Reise nach Australien führte er Tagebuch, nur für sich, um alle Erlebnisse in Erinnerung zu behalten. "Wenn man ein halbes Jahr unterwegs ist, kann man nicht alles festhalten." Der Träger der damaligen Reise animierte Dahmen schließlich dazu, mehr über dieses Projekt zu schreiben. Die Idee, das Buch zu veröffentlichen, war geboren. Zwei Bücher sind inzwischen erschienen.

Dass es in beiden ein wenig an der sprachlichen Qualität hapert, weiß Helge Dahmen selbst. "Ich arbeite daran. Mir geht es in erster Linie darum, nach außen zu tragen, wie wichtig solche Projekte sind", sagt der 46-Jährige, der mehrere Jahre in Griechenland lebte, bevor er in seine Heimatstadt zurückkehrte.

Und das sagt er, obwohl die erste Reise nicht so verlief, wie er es sich vorgestellt hatte: "Mir war meine eigene Rolle nicht klar: Man kann nicht ein halbes Jahr lang rundum die Uhr Pädagoge sein. Es entsteht auch eine Form von Vertrautheit, die aber keine Freundschaft ist."

Die öffentliche Kritik an solchen Reisen im Auftrag der Jugendämter, weist Dahmen vehement zurück: "Ich weiß, diese Projekte polarisieren unheimlich. Aber zuweilen ist es aber ratsam, solche Kinder aus ihrem Umfeld und ihren Familien herauszuholen. Gingen die Reisen nur nach Belgien zum Beispiel, wären die Jugendlichen sofort wieder weg.

Und die Kosten, die in Deutschland auf die Behörden zukommen, um die Betroffenen zu betreuen, berechnen die Kritiker nicht", sagt Dahmen. Wie es mit Boris weiterging? Die Fortsetzung folgt in wenigen Tagen mit der nächsten Folge von "Boris: Letzte Chance Amerika".

(RP)
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