Moers Eine neue Dramaturgin für das Schlosstheater

Moers · Annika Stadler verstärkt seit Anfang Dezember das Ensemble des Moerser Schlosstheaters. Die junge Dramaturgin hat zuletzt in Berlin und Hamburg gearbeitet. Erstes Projekt in Moers: Orwells "1984".

 Schlosstheater-Intendant Ulrich Greb hat seine neue Dramaturgin Annika Stadler gleich in die Inszenierung von Orwells "1984" eingebunden.

Schlosstheater-Intendant Ulrich Greb hat seine neue Dramaturgin Annika Stadler gleich in die Inszenierung von Orwells "1984" eingebunden.

Foto: Klaus Dieker

Der Westen fehlte bislang auf ihrer persönlichen Landkarte: Annika Stadler, geboren in Stuttgart und aufgewachsen in Reutlingen, studierte in Leipzig Theaterwissenschaft, Kunstgeschichte und Komparatistik und arbeitete bereits am Thalia Theater in Hamburg. Seit Dezember verstärkt die 31-Jährige die Dramaturgie am Schlosstheater in Moers. Nach Süd, Nord und Ost nun also ein Engagement im Westen. Und das begann, wie sie sagt, unromantisch. Stadler wurde durch eine Stellenausschreibung auf das Theater aufmerksam. "Ich fand sie ansprechend und sympathisch", erzählt die Dramaturgin. Sie packte in Berlin ihre Koffer und kam am allerersten Probentag der neuen Inszenierung "1984" in Moers an.

Moers sei ein guter Ort, um Theater zu machen. "In Großstädten wie Berlin haben es die Theater schon schwer, sich gegen das Riesenangebot zu behaupten. Viele Premieren werden dort gar nicht mehr besprochen", betont Annika Stadler, die in den vergangenen zweieinhalb Jahren in der Bundeshauptstadt freie Theaterprojekte realisiert hatte.

Der Umzug in eine kleine Stadt ist für sie keine Umstellung. "Ich war ja nur Wahl-Großstädterin", erklärt sie lächelnd. Moers bot das, was in Berlin fehlte: am Theater Perspektiven zu entwickeln und über die jeweils aktuelle Premiere hinaus kreativ zu planen. Für die junge Dramaturgin steht schon nach wenigen Wochen in der Grafenstadt fest: "Es ist beeindruckend, welch ein ambitioniertes Programm am Schlosstheater gemacht wird - vor allem in Anbetracht der Größe und der Ausstattung des Theaters."

Das Ensemble sei am Schlosstheater ein künstlerisches Team, das in allen Prozessen aktiv eingebunden sei. "Am Thalia Theater sind 400 Leute beschäftigt. Viele habe ich auf meiner Abschiedsparty zum ersten Mal gesehen", erzählt Annika Stadler schmunzelnd. "Ich mag gerne in einem Team arbeiten, in das jeder sein Talent einbringt."

Intendant Ulrich Greb hat seine neue Dramaturgin gleich in die Inszenierung von George Orwells Dystopie "1984" eingebunden: "Obwohl ich die Geschichte schon gelesen hatte, hat sie mich selbst doch noch mal überrascht. Jeder meint, Bescheid zu wissen. Es fällt dann das Stichwort ,Überwachungsstaat'. Aber man kann in dem Text noch viel mehr entdecken", betont Annika Stadler. Und meint die Botschaft an die heutige Generation: "Denken Sie an die Datenoffenheit. Wir leben in dem Wissen, dass wir alles über uns preisgeben. Die Mechanismen, die Orwell beschreibt, sind fast dieselben." Pläne, welche Projekte sie anstoßen möchte, hat sie noch nicht gemacht: "Ich möchte gerne ankommen. Es gibt noch Tausend Fragen zu stellen", sagt sie.

Die 31-Jährige arbeitete bereits parallel zum Studium in verschiedenen Theaterprojekten. Sie war Choristin in Inszenierungen von Volker Lösch am Staatsschauspiel in Dresden und arbeitete mehrfach als Regieassistentin am Berliner Maxim-Gorki-Theater. Sie war außerdem Assistentin und künstlerische Mitarbeiterin des jungen Regisseurs David Marton und hatte ein Engagement als Dramaturgin in Hamburg. Zu ihren letzten Projekten gehörte ein Musiktheaterprojekt mit Bariton Thorbjörn Björnsson. "In diesen Bereich bin ich hineingerutscht, ohne, dass es der Plan gewesen wäre", erzählt sie. Es entstand die gemeinsame Produktion "Holzfäller". "Es geht darin, um einen Isländer, der gerne Holzfäller würde. Nur gibt es auf Island kaum Wälder, weshalb er mit dem Kopf voller romantischer Geschichten nach Deutschland kommt."

(RP)
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