Serie Aus Römischen Trümmern Erbaut - Streifzüge Durch Die Moerser Geschichte Ein Gegner der Hexenverfolgung?

Moers · Graf Hermann von Neuenahr war hochgebildet - aber auch das eine oder andere Laster sagte man ihm nach. Doch offenbar hat Moers ihm viel zu verdanken. Die RP stellt heute eine neue Folge aus dem Buch "Aus römischen Trümmern erbaut" vor.

Serie Aus Römischen Trümmern Erbaut - Streifzüge Durch Die Moerser Geschichte: Ein Gegner der Hexenverfolgung?
Foto: Dieker Klaus

Moers In der Frühen Neuzeit wütete der Hexenwahn. Während sich die modernen Wissenschaften entwickelten, sich die Gedanken des Humanismus und sogar schon der Aufklärung verbreiteten, loderten die Scheiterhaufen - am Niederrhein bis 1738! Das Ausmaß der Verfolgung war in den einzelnen Herrschaftsgebieten unterschiedlich. Während Kurköln das unbestrittene Zentrum der Hexenverfolgung nicht nur am Niederrhein, sondern im gesamten Alten Reich darstellt, scheint es in der kleinen Grafschaft Moers nicht zu Hexenverfolgungen in größerem Ausmaß gekommen zu sein. Seit 1519 regierten die Grafen von Neuenahr-Moers die Grafschaft Moers. 1560 führte Hermann von Neuenahr-Moers offiziell die Reformation ein. Lag es am neuen Glauben, dass die Grafschaft von den Exzessen der Zeit verschont blieb?

Die theoretischen Grundlagen für die verheerenden Hexenverfolgungswellen der Frühen Neuzeit - allen voran der "Hexenhammer" von Heinrich Kramer - stammten aus katholischer Feder. In protestantischen Regionen wurde die Hexenverfolgung aber mit mindestens demselben Eifer betrieben wie in katholischen. "Ich will der erste sein, der Feuer an sie legt" - so Martin Luther über die vermeintlichen Zauberinnen und Hexen. Wie für die meisten Menschen der damaligen Zeit stand es auch für Luther außer Frage, dass es Hexen gab und diese durch Zauberei Menschen, Tieren und der Ernte Schaden zufügten. Dafür, so seine Überzeugung, sollten sie hart bestraft werden: "Sie schaden mannigfaltig. Also sollen sie getötet werden." In dieser Sache sind die Herren von Neuenahr-Moers dem Reformator aber offensichtlich nicht gefolgt. In der Grafschaft Moers regierte die Besonnenheit: War schon Wilhelm von Neuenahr-Moers von seinen Zeitgenossen ob seiner Umsicht und Diplomatie hoch gelobt, erfreute sich sein Sohn und Nachfolger Hermann von Neuenahr-Moers ganz besonderer Wertschätzung. Graf Hermann war offenbar bemüht, die um sich greifende Hexen-Hysterie im Zaum zu halten. So bestimmte seine 1574 erlassene Polizeiordnung, dass diejenigen mit einer Geldbuße zu bestrafen seien, die Wahrsagern und Zauberern nachliefen und sie begünstigten.

Ebenso stand Graf Hermann in Verbindung zu dem bekannten niederrheinischen Hexenverfolgungsgegner Johann Weyer (1515/16-1588), dessen Bruder Arnt Weyer Küchenmeister des Moerser Grafen war. Johann Weyer, Leibarzt in Diensten des Herzogs von Jülich-Kleve-Berg, hatte 1563 eine viel beachtete Schrift gegen den Hexenwahn veröffentlicht (De praestigiis daemonum: Vom Blendwerk der Teufel). 1577 lobte dieser die Klugheit und Umsicht von Graf Hermann: Er habe eine Frau, obwohl sie gestanden habe, eine Hexe zu sein, lediglich aus der Grafschaft verwiesen. Dies sei zudem zu deren eigenem Schutz geschehen. Andernorts folgte auf ein Hexereigeständnis fast immer eine Hinrichtung, nicht selten eine Verfolgungswelle. So hatte die Grafschaft Moers offensichtlich Glück, in der Hochzeit der Hexenverfolgung eine besonnene Herrscherfamilie an der Spitze zu haben. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts ging die Grafschaft Moers dann an die Oranier über. Da in den niederländischen Generalstaaten die Hexenverfolgung bereits seit dem frühen 17. Jahrhundert beendet war, kam es auch im 17. und 18. Jahrhundert im Gebiet der Grafschaft Moers zu keinen Hexenverfolgungswellen. Religiöser Fanatismus scheint Graf Hermann von Neuenahr-Moers ferngelegen zu haben. Das belegt auch ein Zitat des spanischen Hofpredigers Lorenzo de Villavicencio (1501-1581): "Wenn er mit Katholiken verkehrt, ist er in Worten und Taten ein Lutheraner, und wenn er mit Lutheranern verkehrt, ist er in gleicher Weise Katholik, und wenn er betrunken ist, glaubt er weder an Gott noch an den Teufel." Foto: K. Dieker

(RP)
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