Serie 50 Jahre Moerser Musikschule Durchs Fenster ins Haus geklettert

Moers · Am 1. Januar 1986 wurde die Moerser Musikschule städtisch. Das feiert die Einrichtung ein Jahr lang mit vielen musischen Veranstaltungen. Dass die Schule heute im historischen Martinstift residiert, verdankt sie auch Helga Terporten.

 Um sich vor Ort ein Bild vom Martinstift-Ensemble zu machen, ist Helga Terpoorten damals einfach durch ein kaputtes Fenster ins Haus Rheinland eingestiegen. Das Gebäude war arg heruntergekommen. 1970 war das.

Um sich vor Ort ein Bild vom Martinstift-Ensemble zu machen, ist Helga Terpoorten damals einfach durch ein kaputtes Fenster ins Haus Rheinland eingestiegen. Das Gebäude war arg heruntergekommen. 1970 war das.

Foto: Klaus Dieker

Moers Helga Terporten gehört zu den Akteuren der ersten Stunden an der Moerser Musikschule. "Ich erinnere mich noch wie heute an den Anruf meines Chefs. Er fragte mich, ob ich nicht Interesse hätte, die Verwaltung der Musikschule aufzubauen." Damals war die von Walter Trienes gegründete Einrichtung gerade in die städtische Trägerschaft übergegangen. Helga Terporten hatte zwar bis zur Geburt ihres Kindes im städtischen Tiefbauamt gearbeitet, die neue Herausforderung nahm sie jedoch gerne an. "Und so war ich vom ersten Tag an dabei."

Die Verwaltung der Musikschule zog zunächst ins Tersteegenhaus ein, dem evangelischen Gemeindezentrum. Der Unterricht war auf Schulen in der Stadt verteilt. Die Anfänge seien nicht mit heute zu vergleichen, berichtet Terporten. "Das Lehrerkollegium setzte sich vor allem aus Orchestermusikern aus Duisburg und Oberhausen zusammen." Auch die heutige Fächervielfalt habe es noch nicht gegeben.

Klavier, Geige, Cello und Blockflöte wurden unterrichtet. Gitarre und Akkordeon hätten für Walter Trienes schon zur Kneipenmusik gehört, sagt Helga Terporten lachend. Walter Trienes hatte 1957 eine private Musikschule gegründet. Mit dem Übergang in die städtische Trägerschaft wurde er gleichzeitig Leiter der neuen städtischen Bildungseinrichtung. Auch im Büro ging es in der Anfangszeit turbulent zu: "Ich musste damals eine Schüler- und Lehrerkartei anlegen, die später natürlich regelmäßig gepflegt wurde." Auch die Organisation der Stundenpläne fiel in ihren Aufgabenbereich. Und das war gar nicht so leicht. "Da die Lehrer alle in Orchestern spielten, musste ich die Stundenpläne immer mit ihren anderen Termin- und Konzertplänen abgleichen. Das ist ja heute anders. Das Kollegium setzt aus ausgebildeten Musikpädagogen zusammen. Das ist ja auch wichtig", betont Helga Terporten. Die Musikschule sei damals wie aus dem Nichts geschaffen worden, erzählt sie: "Und ich war immer mit dem Herzen dabei." Auch als die Musikschulverwaltung 1974 ins "alte" Finanzamt, das heutige Rathaus an der Unterwallstraße, umzog. Fünf Jahr residierte die Schule dort. Die Zahl der Unterrichtsräume wuchs von sechs im Teerstegenhaus auf zwölf Räumen an.

Dass die Musikschule heute mit dem Martinstift-Ensemble einen repräsentativen Sitz hat, haben Lehrer und Schüler auch Helga Terporten zu verdanken. Sie war schon Mitglied in der Moerser SPD-Fraktion, als sie erfuhr, dass das Land das die drei Gebäude verkaufen wollte.

"Für eine D-Mark." Das Gebäude im Stil der klassizistischen Profanarchitektur war ab 1838 durch den Pädagogen Franz Ludwig Zahn in mehreren Bauphasen als Schülerheim seines Präparandensitfts errichtet worden. Dort bereitete er junge Männer auf ein Lehrerstudium vor. Ab etwa 1870 war das Martinstift rund 100 Jahre lang Internat für die Unterbringung von protestantischen Schülern des Gymnasiums Adolfinum. 1970 wurde es geschlossen, und die Gebäude verfielen zusehends. "Ich war Feuer und Flamme für die Idee, dass die Musikschule dort einziehen könnte", sagt Helga Terpoorten.

Mit dem damaligen Leiter Norbert Thomas machte sie sich vor Ort ein Bild. "Wir sind einfach durch ein kaputtes Fenster ins Haus Rheinland eingestiegen", erinnert sich Helga Terporten. Sie streiften durch das arg herunter gekommene Gebäude - und waren begeistert. "Ich habe daraufhin in meiner Fraktion den Antrag eingebracht, das Martinstift für eine Mark zu kaufen. Wir hatten ja nun einen Verwendungszweck." 1978 habe der Rat beschlossen, das historische Gebäude-Ensemble zu kaufen. Die Restaurierung kostete 3,9 Millionen Euro. Helga Teporten, die seit 1959 bei der Stadt Moers beschäftigt war, zog nicht mehr als Sekretärin ins Martinstift mit um.

Ihr Herz schlug längst auch für die Politik. Sie war nicht nur in Moers Ratsmitglied, sondern auch für die SPD im Kreistag vertreten. Der Musikschule blieb sie aber treu: In ersten Jahren als Vorsitzende der Gesellschafterversammlung (die Einrichtung war als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts eingetragen worden). Heute ist sie Mitglied des Fördervereins der Musikschule, jedoch nicht mehr in der vorderen Reihe. "Ich gebe höchsten mal einen Rat."

(RP)
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