Moers Die Pyramide als Schachspiel
Moers · Seit dem Wochenende präsentieren 22 Künstler auf dem idyllisch gelegenen Seewerk-Gelände in Kapellen die Spielarten der aktuellen Kunst.

22 Künstler präsentieren sich auf dem Seewerk-Gelände
Das umfassende und zugleich originelle Werk der japanischen Künstlerin Takako Saito dominiert die aktuelle Jahresausstellung am Silbersee.
Takako Saito ist die Königin des Schachspiels. Mit ihrer fantastischen Werkschau in der Halle der ehemaligen Dujardin-Fabrik am Silbersee, dem klingenden Schachspiel auf der Kulturinsel Nepix Kull im Moerser Schlosspark und mit zwei neuen Objekten für das Gelände des Seewerks setzt sie die Besucher der aktuellen Jahresausstellung von Angelika Petri und Frank Merks geradezu schachmatt — vor lauter Staunen.
Schon die Eröffnung wird zum "Happening": Die Shakti Daito-Gruppe aus Duisburg begrüßt die japanische Künstlerin an beiden Ausstellungsorten mit einem wahren Trommelfeuer. Saito überrascht das Publikum mit unerwarteten Perfomances — zuerst ein Modenschau-Theater, später eine "Opera", die mit Wortsilben und den Zuschauern spielt.
Es ist nicht allein die Vielzahl der Kunstwerke, die die 83-Jährige nach Kapellen mitgebracht hat, sondern die Vielfalt, die staunen lässt. Die Künstlerin, die mit George Maciunas, John Cage und Yoko Ono zu den wichtigen Vertretern der Fluxus-Bewegung gehört, beeindruckt durch Ideenreichtum und kreative Energie, mit denem sie immer wieder neue Variationen ihres großen Themas entwickelt: das Schachspiel.
Als "Künstlerin in Residence" hat sie im Auftrag des Moerser Kulturbüros nicht nur das Musikschachspiel I und II als klingendes Windspiel für die Kulturinsel realisiert, sondern auch zwei Arbeiten für das Gelände am Silbersee geschaffen, die die spielerische Natur der Fluxus-Bewegung deutlich machen: Die Schachspiele für Mäuse und Eichhörnchen, die aus Baumstümpfen entstanden, faszinieren genauso wie die Miniaturausgabe der "Königin der Spiele" auf Melonen-Hüten oder als Pyramiden.
Vor allem aber ist Saitos Kunst eine Aufforderung zum Spiel. Ihre Werke aus Kästchen in Gelb und Schwarz-Weiß sind durch Magnete miteinander verbunden und dürfen vom Publikum neu angeordnet werden. Das ist Kunst zum Anfassen und Mitmachen. Möglich werden solche Begegnungen mit der Kunst durch das Engagement der Seewerk-Macher Angelika Petri und Frank Merks, die mit großer Beharrlichkeit bedeutende Künstler aufs platte Land holten. Allein die Kennzeichen der Autos, die zur Eröffnung am Samstag auf einem abgeernteten Acker geparkt waren, sprechen für die überregionale Zugkraft der Veranstaltung.
Neben Takako Saito präsentieren 21 weitere Künstler die Spielarten der aktuellen Kunst. Einige Arbeiten wie die von Sandra Hoitz und Ivica Matijevic, die in den Vorjahren auf dem Seewerk-Gelände eine neue Heimat gefunden haben, stehen gleichwertig neben den neu eingeladenen Künstlern: Wolfgang Lipka hat zum Beispiel für die Jahre von 1947 bis 2000 jeweils ein Bild gemalt und dann zu einem Jahrhundertbild zusammengefügt.
Elisabeth Luchesi präsentiert die interaktive Installation "Dropshadows". Künstlerin Gabriele Fekete hat für den Silbersee die Installation "Auf dem See" mitgebracht: Sie zeigt einen sitzenden Menschen auf einem schwimmenden Ponton. Zwei weitere Fekete-Arbeiten tragen den Titel "Leben = Falle" — verbildlich als Metall-Käfige. Bildhauer Anatol, dem ein eigener Ausstellungsraum am Seewerk gewidmet ist, steuert mit der Kugel und seinen Wächtern des Werdens eine neue Arbeit hinzu.
Er wird morgen die Seewerk-Kunst in die Innenstadt bringen, wenn er die Kugel vom Neumarkt zum Altmarkt rollt. Und auch der Moerser Pit Bohne hat seine Kunst schon in Position gebracht: ein hellblauer Trabi mit einer Rakete auf dem Dach. Sie soll am Samstag aus luftiger Höhe in den Trabi stürzen und Bohnes Vorstellung vom Zusammenprall von Ost und West dokumentieren.
Info Die Jahresausstellung am Seewerk in Kapellen läuft bis zum 19. Oktober. Sie ist samstags von 15 bis 18 Uhr und sonntags von 12 bis 17 Uhr geöffnet.