Moers Der Burgherr geht

Moers · Nach achteinhalb Jahren am Gymnasiums Rheinkamp räumt Fritz Burger das Schulleiterbüro. Mit dem Mann, der seine Lehrkräfte in der Röhre anheuert, verliert die Moerser Schullandschaft einen einmaligen Sympathisanten.

Besucht man Fritz Burger an seinen letzten Tagen im Schulleiterbüro des Gymnasiums Rheinkamp, trifft man ihn in seinem Stuhl zurückgelehnt, mit dem Telefon am Ohr und den Füßen auf dem Schreibtisch an. Die Grimasse auf seinem Gesicht lässt vermuten, dass sich der angehende Pensionär auf den letzten Dienstmetern mit penetranten Bürokratieverfechtern herumschlagen muss. Und die waren ihm schon immer zuwider. Deswegen habe er auch nie Schulleiter werden, sich lieber mit Schülern als mit Lehrern herumschlagen wollen, so der Pädagoge im Gespräch mit dem Grafschafter.

Von einem Olympiasieg im Zehnkampf habe er geträumt, lieber Leichtathletikzeitschriften und Karl Marx gelesen als die Schullektüre. Drei blaue Briefe sind dem selbst ernannten Quartalsarbeiter pro Schuljahr ins Elternhaus geflattert, als Mitglied des "4,0 ist anzustreben"-Clubs hat er trotz alledem sein "Abi '68" gemacht. Studiert hat er in Tübingen mal Soziologie, mal Politik oder Anglistik, interessiert hat ihn aber stets die denkerische Kunst.

"Vor zwei Jahren habe ich mich an der praktischen Philosophie versucht, bin aber gnadenlos gescheitert. Die Schüler haben nichts gelernt und gelangweilt SMS unter den Tischen getappert", räumt der Sport- und Deutschlehrer ein. Nachdem er jeweils zehn Jahre an den Moerser Schulen Filder Benden und Geschwister-Scholl unterrichtet hat, machte sich Burger als wissenschaftlicher Referent erst im Schulministerium, dann im Landtag einen Namen. Doch der Typ für Nadelstreifenanzug und Weste sei er nicht gewesen. Der Posten als Schulleiter am Gymnasium Rheinkamp, das sich unter der achtjährigen Leitung von Fritz Burger mittlerweile mit dem Titel "Europaschule" schmücken darf, kam da als gelegene Ausstiegsleiter. "Ich habe zehn Kilo mehr und einiges an Gelassenheit aus Düsseldorf mitgebracht – das ist auch nötig, denn man muss Sachen aussitzen können", betont der Borniertheitsgegner mit besonderem Hinblick auf das "Niveaugefasel als Bildungsbürgerbegriff mancher Kollegen".

Als beinharte, stockkonservative Schule habe er das Rheinkamper Gymnasiums zu Anfang wahrgenommen. Umso stolzer ist der 62-Jährige, dass die Schule um einiges menschlicher geworden ist: "Eine Schulordnung haben wir nicht - es klappt trotzdem". Und wenn die Schüler gerne kommen ist es nicht verwunderlich, dass unter Burgers Leitung ganze 50 Lehrer das Kollegium erweitert haben. Doch nach achteinhalb Jahren sei es Zeit für eine neue Innovationswelle. 70 Seiten eines Krimis sind schon geschrieben, die nordischen Länder wollen bereist werden. Zurückblicken wird Fritz Burger nicht.

(kno)
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