Moers Denkmalschutz bedroht Kirchenpläne

Moers · Der Landeskonservator drängt die Stadt Moers, das Tersteegen-Haus unter Denkmalschutz stellen zu lassen. Laut Pfarrer Thorsten Maes ist die evangelische Gemeinde auf den Verkauf des Gebäudes angewiesen.

 Das Tersteegenhaus an der Ecke zwischen Haagstraße und Kleiner Allee. Links im Hintergrund das Amtsgericht. Die Mauer rechts soll ebenfalls unter Denkmalschutz gestellt werden.

Das Tersteegenhaus an der Ecke zwischen Haagstraße und Kleiner Allee. Links im Hintergrund das Amtsgericht. Die Mauer rechts soll ebenfalls unter Denkmalschutz gestellt werden.

Foto: Klaus Dieker

Die Verwaltung der Stadt Moers will das Gerhard-Tersteegen-Haus (GTH) auf der Haagstraße unter Denkmalschutz stellen lassen. Eine entsprechende Vorlage soll der Politik nach Ablauf der Anhörungsfrist am 20. Januar im Grundstücksausschuss vorgelegt werden. Damit sind Pläne der evangelischen Kirchengemeinde in Gefahr, die beabsichtigt, das GTH samt benachbarten Grundstücken — insgesamt 3700 Quadratmeter beste Innenstadtlage — zu verkaufen, um neben der Stadtkirche ein neues Gemeindezentrum hochzuziehen. Ein denkmalgeschützter 50er-Jahre-Bau würde die Gestaltungsmöglichkeiten eines Käufers erheblich einschränken und vermutlich den Kaufpreis drastisch senken. "Die Gemeinde ist aber auf den Erlös aus dem Grundstücksverkauf angewiesen", sagt Pfarrer Torsten Maes.

Erstmals gewährt er unserer Zeitung Einblick in das Gutachten der Landesdenkmalpflegerin Annette Zimmermann und die Erwiderung im Namen der Kirchengemeinde von Jürgen Schmude, dem in Moers wohnenden ehemaligen Präses der evangelischen Kirche Deutschlands. Darin bezweifelt Schmude die von Zimmermann behauptete Denkmalwürdigkeit des Gebäudes.

Zimmermann erinnert daran, dass das 1950 erbaute GTH im Haus "Zum Impel" an gleicher Stelle ein historisches Vorbild hatte, das im Krieg zerstört wurde. In dem Neubau wurden neben dem Gemeindeamt und Pfarrerswohnungen auch ein Jugendwohnheim untergebracht. Pläne für einen Versammlungsraum wurden nie realisiert. "Das Gemeindeamt der ev. Kirche in Moers", so Zimmermann, "entspricht als Neubau signifikant dem traditionalistischen Bauen der frühen 50er Jahre des 20. Jahrhunderts."

Dagegen fährt Schmude schweres Geschütz auf. Er hält Zimmermann Formulierungen vor, die in der Tat stutzen lassen. So heißt es in dem Gutachten: "Dagegen besitzt die traditionalistische Formgebung einen hohen Bekanntheitsgrad und versinnbildlicht für einen großen Teil der Bevölkerung positiv besetzte deutsche Kultur." Diese Auffassung deutscher Kultur, so Schmude, sei auch durch die "verherrlichende und verherrlichte Architektur des Nationalsozialismus" geprägt worden.

Tatsächlich hatte Ferdinand Revermann, der Architekt des Tersteegen-Hauses unter dem Einfluss des Nazi-Ideologen Paul Schultze-Naumburg früh der Bauhaus-Bewegung den Rücken gekehrt und war bereits 1932 in die NSDAP eingetreten. Seine Parteizugehörigkeit war ihm auch dienlich, als er zum Moerser Stadtbaurat aufstieg. Es hatte wohl auch eine gewisse Folgerichtigkeit, dass Revermann den Auftrag zum Bau des Tersteegen-Hauses bekam. Denn abgesehen von aufrechten Nazi-Gegnern wie Pfarrer Erich Vowe war das protestantische Moers weit stärker als das katholische Umland von deutschnationalen und nationalsozialistischen Kräften geprägt. Sollte man Zeugnisse jener Zeit der Nachwelt bewahren und dafür in Kauf nehmen, dass wesentliche Gestaltungsmöglichkeiten für eines der bedeutendsten Quartiere der Moerser Innenstadt verloren gehen? Maes hofft, dass die Politik diese Frage mit Nein beantwortet. Die ersten Signale seien jedenfalls ermutigend.

Das weitere Vorgehen könnte so aussehen: Die Verwaltung wird wohl auf Druck des Landschaftsverbands eine Vorlage erstellen, in der der Eintrag in die Denkmalliste vorgeschlagen wird. Der Rat nimmt diese Stellungnahme formal nicht zur Kenntnis, was einer Ablehnung gleichkommt. Dann würde das ganze Verfahren bei Städtebauminister Michael Groschek landen, falls der Landschaftsverband nicht einlenkt. Wie der Minister sich entscheiden würde, ist offen. All zu viele Präzedenzfälle hat es, wie zu hören war, bislang nicht gegeben.

Der Grundschussausschuss wird am 5. Mai zusammentreten.

(RP)
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