Moers Das Spaß-Festival geht los

Moers · Holger Ehrich, künstlerischer Leiter des Comedy Arts Festivals, setzt auf eine kontrastreiche Mischung aus Slapstick, Wortwitz und Akrobatik. Von der seichten Fernseh-Comedy-Kost lässt er sich nicht beirren.

Heute Abend startet eines der ältesten Humor-Festivals in Deutschland. Seit 33 Jahren unterhält das Comedy Arts Festival alljährlich mit einem abwechslungsreichen Mix aus der aktuellen Comedy-Szene: Es steht für feinsinnigen Humor, überbordenden Klamauk und witzige Akrobatik. Seit einigen Jahren steht es außerdem wie ein Fels in der starken Brandung der Spaßversorgung im Fernsehen. Braucht das Comedy Arts Festival den Mainstream? Darüber sprach RP-Redakteurin Anja Katzke mit Holger Ehrich, seit drei Jahren künstlerischer Festivalleiter.

Herr Ehrich, was wäre, wenn Mario Barth in Moers anklopfen würde?

Ehrich Wir haben nichts gegen Prominente: Viele große Namen wie Helge Schneider oder Götz Alsmann sind schon in Moers aufgetreten, und viele der ausländischen Künstler sind in ihrer Heimat richtige Stars. Yllana aus Spanien zum Beispiel. Ich persönlich finde Mario Barth jetzt nicht so originell, und ich glaube, dass unser Publikum das ebenso sieht. Leute wie Barth haben ein eigenes Fan-Publikum, das nur ihn sehen will. Unser Konzept baut auf eine interessante sowie unterhaltsame Mischung und auf ein Publikum, das sich überraschen lassen will.

Helfen Ihnen denn solche Künstler wie zum Beispiel Barth, das Comedy Arts Festival als künstlerisch anspruchsvoll zu bewerben?

Ehrich Wir haben ja nichts gegen derben Humor. Trotzdem versuchen wir zu vermitteln, dass wir einen anderen Stil haben. Unser Humor ist tiefsinniger und vielfältiger. Und das wollen wir dem interessierten Comedy-Publikum nahe bringen. Auf dem Comedy Arts Festival erlebt man die Künstler live. Das hat das Fernsehen nicht zu bieten.

Laufen Sie bei den Künstlern offene Türen ein, wenn Sie sie für das Comedy Arts engagieren wollen.

Ehrich Das Comedy Arts Festival hat weltweit in der Szene einen legendären Ruf. Die meisten kennen das Festival, weil es sich in den Kreisen herum spricht. Es gibt viele Künstler, die auf uns zukommen. So hat sich zum Beispiel das Engagement des Daredevil Chicken Clubs aus den USA ergeben. Das Paar ist zurzeit mit einem "Honeymoon Cabaret" auf Europa-Tournee. Andere Künstler kündigen uns ihre neuen Produktionen an, bevor sie überhaupt fertig sind. So konnte ich Yllana mit der Produktion "PaGaGnini" als Deutschland-Premiere buchen.

Nach welchen Kriterien suchen Sie die Künstler für Moers aus?

Ehrich Ich suche nach guten Produktionen und neuen Talenten. Es sind die Entdeckungen, die das Festival so lebendig machen. Ich bin sehr gespannt darauf, wie das Publikum auf Mozuluart reagieren wird. Drei afrikanische Sänger und das Ambassade Streichquartett, ein Ensemble der Wieder Symphoniker, verschmelzen Zulu-Klänge mit der Klassik. Wir sind das einzige Comedy-Festival, auf dem das Projekt zu sehen ist. Es ist für gewöhnlich auf Klassik-Festivals unterwegs.

Entstehen eigentlich Freundschaften zwischen Festivalchef und Künstler?

Ehrich Das ist eher umgekehrt: Mit manchen Künstlern, die ich jetzt einlade, bin ich schon länger befreundet. Mit Hennes Bender beispielsweise habe ich schon mit Anfang 20 Theater gespielt.

Ein Schwerpunkt des diesjährigen Festivals scheint die Musik zu sein.

Ehrich Stimmt, es gibt einige musikalische Anteile. Es hat sich so ergeben, dass daraus ein Motto erwachsen ist. Es ist aber kein reines Musikprogramm. Wir bieten die gewohnte Mischung aus Slapstick, Wortwitz und Akrobatik.

Sie haben mal gesagt, dass Sie an der Dramaturgie des Festivals gefeilt haben, es schneller werden soll. Muss sich das Publikum auf große Veränderungen einstellen?

Ehrich Nein, das Festival bleibt seinem Stil treu. Es hat nur ein revuehaften Charakter bekommen, weil einige Nummern kürzer und kurzweiliger sind als andere.

Gibt es kurzfristige Programmänderungen?

Ehrich Ja, wir erwarten Robeat, einen Human Beatbox Künstler, der in seiner Szene hohes Ansehen genießt. Es ist schon eine schräge Art, ohne Instrumente Musik zu machen. Am Freitag gibt es einen zusätzlichen Pausen-Act: Zusammen mit Simon Rummel, der vom Nimm-Projekt für ein Jahr als Improvisationsmusiker nach Moers eingeladen ist, präsentieren wir ein kleines Stummfilm-Kino. Er hat ein Faible für die Humorkunst.

Welche Künstler sollten sich die Zuschauer unbedingt ansehen?

Ehrich Die Produktion von Yllana, die wir am Sonntag zeigen, ist ein unglaublicher Knaller: Vier klassische Streicher, einer ist Solist an der Madrider Oper, bringen die Bereitschaft mit, sich über sich selbst lustig zu machen, ohne die klassische Musik zu verhohnepiepeln.

Was macht eigentlich ein Festivalchef während des Festivals?

Ehrich Wenn es geht, schaue ich mir das Festival natürlich von vorne an. Ich möchte die Stimmung im Publikum aufsaugen und kontrollieren, wie die Acts auf der Bühne so funktionieren. In Notfällen bin ich der Springer, der überall hilft. Im letzten Jahr habe ich für Leo Bassi eine Dusche organisieren müssen.

Und?

Ehrich Er konnte in der Residenz der damaligen Moerser Stadtmusikerin Angelika Niescier duschen. Das Haus liegt am Kastellplatz.

(RP)
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