Fakten & Hintergrund Das Geheimnis hinter dem Moerser Wasser

Moers/Neukirchen-Vluyn · Was die Qualität betrifft, ist das Trinkwasser der Enni nachweislich eines der besten in Nordrhein-Westfalen. Was das „Moerser Wasser“ so gut macht, erklärt der Wassermeister der Enni, Bernd Kamradt, bei einem Besuch im Vinner Wasserwerk. Der fast 40 Meter hohe Wasserturm, eines der Wahrzeichen der Stadt Moers, spielt in der Geschichte eine nicht unerhebliche Rolle.

 Historisches Herzstück auf dem Gelände ist der denkmalgeschützte Wasserturm. Die Kuppel war früher mit bis zu 200 Kubikmetern Wasser gefüllt. Durch die Höhe baute sich der Druck in den Leitungen auf – 0,1 Bar pro Meter. Bis heute braucht es vier Bar, um das Wasser in die Leitung zu bringen. Mittlerweile erledigen das elektrische Pumpen.

Historisches Herzstück auf dem Gelände ist der denkmalgeschützte Wasserturm. Die Kuppel war früher mit bis zu 200 Kubikmetern Wasser gefüllt. Durch die Höhe baute sich der Druck in den Leitungen auf – 0,1 Bar pro Meter. Bis heute braucht es vier Bar, um das Wasser in die Leitung zu bringen. Mittlerweile erledigen das elektrische Pumpen.

Foto: Ja/Norbert Prümen (nop)

Für den Menschen ist es das wichtigste Lebensmittel überhaupt; eines, das durch nichts ersetzt werden kann: Wasser. Was die Qualität betrifft, ist das Trinkwasser der Enni nachweislich eines der besten in Nordrhein-Westfalen. Ein Indikator dafür: Der Nitrat-Grenzwert der Trinkwasserverordnung liegt bei 50 Milligramm pro Liter, in Moers misst er unter 20 Milligramm pro Liter. Maximale Wasserhärte: 13 Grad deutscher Härte (dH) nach Waschmittelgesetz „Mittel“. Was das „Moerser Wasser“ so gut macht, erklärt der Wassermeister der Enni, Bernd Kamradt, bei einem Besuch im Vinner Wasserwerk.

Der fast 40 Meter hohe Vinner Wasserturm mit seiner 200 Kubikmeter Wasser fassenden Kuppel ist eines der Wahrzeichen der Grafenstadt. Er stammt aus dem Jahr 1901, als die Stadtwerke Moers eine zentrale Trinkwasserversorgung für die Stadt aufbauten. Als höchstes Gebäude in der Stadt konnte er den nötigen Wasserdruck von vier Bar aufbauen. Erst Mitte der 1960er Jahre hatte er ausgedient.

Heute wird das Wasser in großen Erdbehältern gespeichert, für den nötigen Wasserdruck sorgen Pumpen und eine hochmoderne Technik. Bis heute stammen bis zu 600.000 der etwa acht Millionen Kubikmeter Wasser, die die Enni pro Jahr fördert, aus den Brunnen auf dem Gebiet rund um den Wasserturm. Das ist nach wie vor an das über 1000 Kilometer lange Leitungsnetz angeschlossen, über das rund 140.000 Haushalte in Moers und Neukirchen-Vluyn versorgt werden. Seit 2012 liefert Enni zudem bis zu 500.000 Kubikmeter Wasser an das Kommunale Wasserwerk (KWW), das Rheinberg, Alpen, Xanten und Sonsbeck versorgt.

 Wassermeister Bernd Kamradt vor einem der großen Erdbehälter, die heute das Wasser speichern. Für den nötigen Wasserdruck sorgen Pumpen und eine hochmoderne Technik. Eine Gefahr, dass Erreger wie das Coronvirus das Grund- und Trinkwasser belasten, sieht der Fachmann nicht. „Die Wasserversorgung als solche ist so abgesichert, dass ein Virus von außen nicht in unser System eindringen kann“, sagt er.

Wassermeister Bernd Kamradt vor einem der großen Erdbehälter, die heute das Wasser speichern. Für den nötigen Wasserdruck sorgen Pumpen und eine hochmoderne Technik. Eine Gefahr, dass Erreger wie das Coronvirus das Grund- und Trinkwasser belasten, sieht der Fachmann nicht. „Die Wasserversorgung als solche ist so abgesichert, dass ein Virus von außen nicht in unser System eindringen kann“, sagt er.

Foto: Ja/Norbert Prümen (nop)

„Das Trinkwasser hat für uns von Beginn an eine große Rolle gespielt“, erklärt Bernd Kamradt. Als sich im Jahr 2000 die Stadtwerke Moers und Neukirchen-Vluyn zur Enni Energie Wasser Niederrhein GmbH zusammenschlossen, war es Teil der Unternehmensstrategie, hier unabhängig zu werden. „Durch die Zusammenlegung mit den Wasserwerken in Neukirchen-Vluyn hatten wir dann die Möglichkeit, die Versorgung auf eigene Beine zu stellen“, sagt der Wassermeister. „Unser Ziel war es – und das ist es bis heute –,für das gesamte Enni-Gebiet eine Wassergüte und einen Wasserpreis zu haben.“

Bereits 2003 hatte die Bezirksregierung Enni den Weg dazu freigemacht und nach einem aufwändigen Genehmigungsverfahren bewilligt, in Vinn deutlich mehr Trinkwasser als zuvor zu fördern. Die Menge stieg durch das neu erteilte Wasserrecht von 3,1 auf vier Millionen Kubikmeter pro Jahr. Zusammen mit ihren Fördergebieten in Niep-Süsselheide und dem dortigen seit 2006 gesetzlichen zugestandenen Wasserrecht von jährlich vier Millionen Kubikmetern machte das Enni in der Wassersparte unabhängig vom Fremdbezug.

Parallel baute das Unternehmen auf dem in den 1980er Jahren entstandenen Betriebshof an der Wittfeldstraße eine zentrale Wasseraufbereitung auf und band dort über eine zehn Kilometer lange Transportleitung auch das Wasserwerk Niep-Süsselheide an. Dadurch, dass das geförderte Trinkwasser dort heute zentral gesammelt, in Eisen-Mangan-Filtern aufbereitet, enthärtet und dann über das über 1000 Kilometer lange Rohrnetz in die Haushalte geschickt wird, hat das Wasser aller Enni-Kunden ein- und dieselbe Qualität.

 Als Eigentümerin hat die Enni den unter Denkmalschutz stehenden Wasserturm im Jahr 2012 aufwändig saniert und zum Konferenzraum umgebaut.

Als Eigentümerin hat die Enni den unter Denkmalschutz stehenden Wasserturm im Jahr 2012 aufwändig saniert und zum Konferenzraum umgebaut.

Foto: Ja/Norbert Prümen (nop)

 Wichtigste Stellschraube für die Qualität des Grund- und Trinkwassers ist für Enni die Strategie des vorbeugenden Gewässerschutzes im Wasser-Einzugsgebiet und die Kooperation mit der dort wirtschaftenden Landwirtschaft. „Der Landwirt ist derjenige, der durch seine Maßnahmen die Güte gravierend beeinflusst“, sagt Bernd Kamradt. „Wir haben Kooperationen mit 58 Landwirten, die in den Wasserschutz- und Wassereinzugsgebieten in Moers-Vinn, Niep-Süsselheide in Neukirchen-Vluyn und nun auch in Duisburg-Rumeln wirtschaften. Denn dort betreibt Enni seit 2019 das Wasserwerk des Getränkeproduzenten Niederrhein-Gold Tersteegen. Die Flächen umfassen insgesamt rund 27,14 Quadratkilometer. Dort untersuchen wir den Boden und das Grundwasser schon weit im Voraus und erstellen in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer eine systematische Nährstoffbilanz.“

So wird der Nitratwert auf dem Acker zweimal – zum Vegetationsende und im Frühjahr – gemessen. „Auf diese Weise können wir feststellen, ob überdüngt wurde, ob also noch nicht genutzte Nähstoffe im Boden stecken und deshalb im Frühjahr nicht oder nur in kleineren Mengen neu zugeführt werden müssen“, erklärt der Wassermeister. „Für den Landwirt ist der richtige Nährstoffeinsatz bares Geld.“

Damit der Stickstoff, der nach der Ernte im Acker bleibt, im Winter nicht durch Niederschlag ausgewaschen wird, gibt es auf den „Enni-Feldern“ auch eine Winterbegrünung, zum Beispiel Senf, Oelrettich oder Gras. „Die Zwischenfrucht speichert den Stickstoff in Wurzeln, Stängeln und Blättern“, erklärt Kamradt. „Läge der Acker brach, würden alle Nährstoffe ins Grundwasser sickern und es belasten.“ Bestandteil der Kooperationsvereinbarung: Hat der Landwirt durch weniger Düngen am Ende trotzdem Ausfälle, bekommt er von der Enni einen finanziellen Ausgleich.

Um das Grundwasser möglichst keimfrei zu halten, sind biologische Dünger wie Gülle in bestimmten Bereichen der Wasserschutzgebiete grundsätzlich verboten. Dasselbe gilt für spezielle Pflanzenschutzmittel oder das Auftragen von Klärschlamm, denn über den können Rückstände von Antibiotika oder Kontrastmitteln aus dem medizinischen Bereich in den Boden und damit ins Grundwasser gelangen. „Ist so etwas erst einmal im Wasser drin, lässt es sich nicht ohne Weiteres herausfiltern“, sagt Kamradt. Auch für diesen Mehraufwand erhalten die Landwirte teilweise einen Ausgleich.

Die ersten Kooperationen wurden bereits Mitte der 1990er Jahre geschlossen. Anlass waren damals neue gesetzliche Grenzwerte und in Folge zu hohe Nitrat-Konzentrationen im Grundwasser. „Unsere regelmäßigen Messungen belegen, dass die Nitrat-Werte in den vergangenen Jahren deutlich gesunken sind und jetzt auf einem sehr niedrigen Niveau weit unter den Grenzwerten der Trinkwasserverordnung stehen“, sagt Kamradt.

Ein bisschen „Glück durch Lage“ gehört am Ende aber auch zur Wahrheit. Anders als in vielen anderen Regionen ist Wasser am Niederrhein kein knappes Gut. „Größere Großstädte haben natürlich nicht die Möglichkeit, derart große Wasserschutzgebiete auszuweisen, um ihnen entsprechende Grundwassermengen zu entnehmen“, erklärt der Wassermeister, der seine Ausbildung in Travemünde absolvierte, nach einer abgeschlossenen Ausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur-Meister. „Das Wasservorkommen für die Trinkwasserversorgung ist auch nicht in allen Gebieten gleich. Wenn das Grundwasser nicht ausreicht, muss man sich zusätzlich an Oberflächennahen Wasser bedienen, das wiederum aufwändig aufbereitet werden muss. Das bezahlt der Kunde mit.“

 Enni-Logo „20 Jahre einfach leichter leben“

Enni-Logo „20 Jahre einfach leichter leben“

Foto: Enni

Meilensteine

30. Juni 2003 Wasserrechtsbewilligung für Vinn über 4,0 Millionen Kubikmeter pro Jahr erhalten – für einen Zeitraum von 30 Jahren

1. Oktober 2003 Spatenstich für die neue circa zehn Kilometer lange Wassertransportleitung – von Niep bis zur Wittfeldstraße

17. April 2004 Neubau von weiteren vier Vertikalbrunnen im Wasserwerk Niep

16. Mai 2004 Inbetriebnahme der neuen Wassertransportleitung Niep-Wittfeldstraße

9. Juni 2006 Offizielle Übergabe der Wasserenthärtungsanlage

21. Juni 2006 Regulärer Betrieb der Wasserenthärtungsanlage (Wasserhärte maximal 13 Grad dH)

29. Dezember 2006 Wasserrechtsbewilligung für Niep-Süsselheide über 4,0 Millionen Kubikmeter pro Jahr erhalten – für einen Zeitraum von 30 Jahren

1. April 2019 Betriebsführung der Wassergewinnungsanlage Duisburg-Rumeln übernommen

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