Erben Und Vererben Eine Serie Von Rheinischer Post Und Sparkasse Duisburg Das bedeutet die Erbfolge

Moers · Ein Rechtspfleger beim Amtsgericht in Duisburg gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Erben Und Vererben Eine Serie Von Rheinischer Post Und Sparkasse Duisburg: Das bedeutet die Erbfolge
Foto: Christoph Reichwein (crei)

Niederrhein Wie ist es möglich, dass ein enterbtes Kind trotzdem einen Anteil der Erbmasse bekommt? Wem steht der größere Anteil des vererbten Geldes zu? Und gibt es eine Möglichkeit sicherzustellen, dass nicht nur Familienmitglieder erben? Die Antworten auf diese Fragen liegen wohl den wenigsten direkt auf der Zunge, außer man fragt einen Notar oder Rechtspfleger. "Auch wenn eine gesetzlich festgelegte Erbfolge besteht, gibt es unterschiedliche Fälle", sagt Peter Prentkowski. Er ist Rechtspfleger beim Amtsgericht in Duisburg und befasst sich mit Erbangelegenheiten.

Nicht immer verberge sich hinter den weitläufig bekannten Begriffen genau das, wonach es klingt, sagt er: "Wenn der Erblasser das Kind (oder eins von mehreren) enterbt hat, kann dieses trotzdem gerichtlich einen zustehenden Anteil einklagen." Auch sei eine weit verbreitete Annahme, dass der hinterbliebene Ehegatte nach dem gleichen Recht wie Familienangehörige erbe. "Dies stimmt nicht", erklärt Prentkowski. "Für Eheleute gilt eine Zusatzregelung. Dies ist aber nicht das gleiche Gesetz wie für Familienmitglieder", so der Rechtspfleger.

Die gesetzliche Erbfolge tritt in Kraft, wenn der Verstorbene - der Erblasser - kein Testament hinterlassen hat und auch kein Erbvertrag zu Lebzeiten geschlossen wurde. "Viele entscheiden sich aber dafür, ein Testament aufzusetzen, da sie mit der gesetzlichen Erbordnung nicht einverstanden sind", sagt Prentkowski. So würden bei der gesetzlichen Regelung auch keine nahstehenden Freunde berücksichtigt, und auch Lebensgefährten werden nicht automatisch berücksichtigt - selbst wenn Verstorbener und Partner in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenlebten.

Wem der größte Anteil des Erbes zusteht, richtet sich ganz danach, wie viele Erben im Spiel sind, in welchem Verhältnis diese zum Verstorbenen und auch zueinander stehen. Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss der Beziehungen zwischen den Erben. Angenommen, das verstorbene Familienmitglied hinterlässt das Vermögen seiner Frau und zwei Kindern, erbt die Gattin die Hälfte. Die andere Hälfte wird unter den Kindern aufgeteilt. So können die Kinder allerdings auch schon zu Lebzeiten der Mutter den ihnen zustehenden Anteil einfordern - außer, es ist in einem Testament oder Erbvertrag eine andere Erbordnung festgelegt worden.

Die gesetzliche Erbfolge wird gegliedert in Erben erster, zweiter, dritter und vierter Ordnung. Zur fünften Ordnung gehört die Sonderrolle des Ehegatten. Die erste Ordnung bilden die Kinder und Enkel des Verstorbenen, die zweite Geschwister und Eltern. Dazu zählen Tanten, Onkel und Großeltern des Erblassers, jeweils gegliedert nach mütterlicher und väterlicher Seite. Erben der dritten und vierten Ordnung sind eher selten: Zu dieser Ordnung gehören Großonkel und -tanten, sowie die Urgroßeltern.

"Wir berücksichtigen, dass andere Länder eine andere Erbordnung haben können", berichtet Prentkowski. Besonders im Ruhrgebiet seien die Familien oft multikulturell. Gewöhnlich gilt aber das Erbrecht des Landes, in dem der Erblasser verstorben ist - es gibt allerdings auch hier viele Einzelfälle und Ausnahmen.

Ein anderer Aspekt sind die unterschiedlichen Sitten und Lebensweisen: "Bei türkischen Familien gibt es beispielsweise oft die Situation, dass sehr nahe Freunde der Familie als Tante oder Onkel bezeichnet werden, obwohl keine Verwandtschaft besteht", sagt der Rechtspfleger. So müsse man manchmal erst klären, ob die Tante wirklich im familiären Verhältnis zu dem Erblasser steht, oder nur eine enge Freundin ist.

Wem allerdings wichtig ist, dass außer Blutsverwandten auch andere nahstehende Menschen beim Erbe berücksichtigt werden, ist mit einem korrekt aufgesetzten Testament auf der sicheren Seite. Auch wenn das Erbe an eine Organisation gehen soll, muss dieser Schritt mit notarieller Bestätigung vom Erblasser veranlasst und festgehalten werden. Es gibt sogar eine weitere Möglichkeit, die Aufteilung der späteren Erbmasse selbst zu bestimmen: Die beste Lösung sei, noch zu Lebzeiten gemeinsam mit den zukünftigen Erben einen Erbvertrag aufzusetzen.

(RP)
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