Neukirchen-Vluyn Wachsen mit Biobrot aus Schilfroggen

Neukirchen-Vluyn · Die Biobäckerei Schomaker wächst erfolgreich im biologischen Markt, was nicht leicht ist.

Biobäcker Andreas Schomaker mit Sohn Til Schomaker.

Biobäcker Andreas Schomaker mit Sohn Til Schomaker.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Die Biobäckerei Schomaker wächst kontinuierlich. 1987 übernahm Andreas Schomaker die Bäckerei, die sein Vater Erich Schomaker 1964 zuerst in Rheinberg gegründet hatte, um sie auf eine reine Bio-Produktion umzustellen, als einer der ersten am Niederrhein. „Ich hatte einen Lehrling in der Backstube und einen im Laden“, erinnert sich der bald 59-Jährige, der das Backen mit naturreinen Rohstoffen während seiner Meisterausbildung in Berlin kennen gelernt hatte. Heute beschäftigt die Biobäckerei 80 Mitarbeiter.

Im Brotmarkt mit frisch gemahlenem Getreide, Steinsalz und Sauerteig zu wachsen, aber ohne Backhilfsmittel auszukommen, ist kein Selbstläufer. „Ein Biobäcker muss die Kunden überzeugen, für hochwertige Backware angemessen zu bezahlen“, erzählt der Bäcker- und Konditormeister. „Das ist nicht leicht.“

Der höhere Preis hängt mit den Rohstoffen zusammen. Ein Doppelzentner Schilfroggen oder Dinkel kostet gut doppelt so viel wie ein Doppelzentner Roggen oder Weizen aus konventionellem Anbau. Für Eier aus biologisch-dynamischem Anbau liegt der Preis sogar dreimal über dem gewöhnlichen. „Trotzdem sind unsere Backwaren meist nicht teurer als die konventioneller Bäckereien“, hat Andreas Schomaker die Preise verglichen.

Zusammen mit befreundeten Landwirten etablierte er den Anbau von alten Getreidesorten am Niederrhein, die durch ihre andere Eiweißzusammensetzung für viele Menschen verträglicher sind. „Wir haben Pionierarbeit geleistet“, blickt er zurück. „Am Anfang hatten wir Biogetreide noch aus Frankreich zu importieren, weil es hier keines gab. Später haben wir es aus Niedersachsen bezogen und noch später vom Niederrhein.“ Heute erhält die Biobäckerei Getreide und Eier von Biolandwirten aus Kamp-Lintfort und Geldern, Milch von einem Biobauern aus Uedem.

Auch eine Fläche und ein Gebäude zu finden, um sich zu vergrößern, war für die Biobäckerei nicht leicht. „Wir haben vier Jahre lang gesucht“, berichtet Andreas Schomaker.

„Wir wollten eine bestehende Fläche umwandeln, um keine neuen Flächen zu versiegeln.“ Schließlich wurde die Biobäckerei fündig. Sie erwarb an der Weserstraße in Neukirchen-Vluyn eine Fläche mit Gebäude, das zuvor von einem Pumpenhändler genutzt worden war. So verlagerte sie bis Anfang 2017 ihre Produktion von Rheurdt nach Neukirchen-Vluyn.

„Eigentlich ist das Gebäude etwas zu groß“, meint der Bäckermeister. Aber die Bäckerei wächst kontinuierlich weiter. Seit Anfang Juli beliefert sie zum Beispiel zusätzlich sieben niederrheinische Rewe-Filialen. Gleichzeitig sucht sie ab August vier Lehrlinge, um die Produktion nachhaltig weiter steigern zu können. „Mindestens ein Hauptschulabschluss mit befriedigenden Mathe- und Deutschnoten und der Wille, etwas zu erreichen, sind notwendig“, berichtet Andreas Schomaker.

Er freut sich über seinen Sohn Till Schomaker und seine Tochter Klara Schomaker, die beide im Familienunternehmen arbeiten. „Aus naturbelassenen Zutaten etwas Neues schaffen, das ist faszinierend“, sagt Till Schomaker. Der 23-Jährige will im nächsten Jahr Meister und Betriebswirt werden und seinen Biobäckerfreund in Tokio besuchen. Biobäckereien sind trotz aller Regionalität weltweit vernetzt, in Neukirchen-Vluyn finden sich zum Beispiel Sticky Buns aus New-York, Kanelbullar aus Stockholm oder Bobbes aus Stuttgart, eine Teilchenspezialität, die mit Dinkelmehl und Marzipan hergestellt und mit Streuseln gekrönt ist.

Till Schomaker soll Schritt für Schritt in die Geschäftsführung einsteigen. Diesen Weg will Klara Schomaker nicht gehen, die ihre Ausbildung unter anderem bei Sterneköchen im Berliner Hotel Ritz machte und nun ihrem Vater in Küche und Verkauf unterstützt. „Überbürokratische Verordnungen wie Hygiene-VO, Kassen-VO, Acrylamid-VO, Datenschutz-VO und weitere“, zählt die 30-Jährige Verordnungen auf, die sie vom Weg in die Geschäftsführung abschrecken. „Kontrolleure setzen manchmal ohne jedes Augenmaß und Handwerksverständnis praxisfremde Maßstäbe an. Demnächst kommen Kochsalzreduzierungs-VO und Fett-Zucker-VO, die jede Kreativität rauben. Dabei gibt es nichts Schöneres, als biologische Produkte herzustellen, zu riechen und zu schmecken.“

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