Moers Bestellt, beliefert, nicht bezahlt

Moers · Über Jahre hinweg soll eine Familie Waren bestellt und Firmen um ihr Geld betrogen haben. Die Angeklagten sollen fast täglich Pakete entgegennahmen und die leeren Kartons an die Firmen zurück geschickt haben.

Die Sendungen deklarierten die Angeklagten als Reklamation und schickten sie zurück. Insgesamt geht es um über 80 Fälle und Waren im Wert von 25 000 Euro. Gestern sollte sich das Ehepaar und ihr 25 Jahre alter Sohn vor der großen Jugendkammer in Moers verantworten. Schon zu Prozessbeginn galt es, allerhand Hindernisse zu überwinden. Erst einmal war der 65-jährige Angeklagte ohne Vorwarnung der Verhandlung ferngeblieben.

Sehr zum Ärger des Gerichts, denn der Mann war auch bei früheren Verhandlungen wegen Besitzes kinderpornografischer Dateien immer wieder plötzlich kurzfristig erkrankt. Das sei schon sehr auffällig, sagte der Richter. Nach der Krankheit ihres Mannes gefragt konnte die Ehefrau keine Angaben machen. Er sei gestern vom Notarzt ins Krankenhaus gebracht worden, den Grund kenne sie nicht. Noch wenige Stunden zuvor hatte die Ehefrau gestern mit dem Gericht telefoniert.

"Morgens war er jedenfalls noch putzmunter", wunderte sich der Richter. Die Verhandlung werde dennoch ohne den Mann stattfinden, entschied er. Es gebe keinen Grund, warum gegen Ehefrau und Sohn nicht alleine verhandelt werden könne. Als das geklärt war, ging es um die Verhandlungsfähigkeit der 54-jährigen Angeklagten. Sie hatte im Vorfeld ein Attest vorgelegt, nach dem sie aufgrund der Einnahme von Schmerz- und Beruhigungsmitteln verhandlungsunfähig ist.

Das Gericht hatte allerdings prompt darauf reagiert und am vergangenen Montag eine amtsärztliche Untersuchung veranlasst. Die ergab, dass die Frau sehr wohl verhandlungsfähig ist und ihre Interessen durchaus wahrnehmen könne. Um ihrer möglicherweise begrenzten Konzentrationsfähigkeit genüge zu tun, soll die Verhandlung jeweils auf halbe Tage begrenzt werden. Schließlich rügten beide Verteidiger noch, dass die Anklagepunkte zu ungenau bleiben. Zeiten und Orte seien nicht exakt eingegrenzt. Darauf könne man keine Anklage aufbauen. Es könne auch nicht pauschal von gemeinschaftlichen Handlungen gesprochen werden. Nachdem der Staatsanwalt die lange Anklageschrift mit 125 Fällen des gewerbsmäßigen Betrugs und des versuchten gewerbsmäßigen Betrugs vorgetragen hatte, kamen die Angeklagten zu Wort.

Aussage verweigert

Die fassten sich allerdings kurz: Er werde keine Angaben machen, hieß es seitens des 25-Jährigen. Auch seine Mutter zog es vor zu schweigen: "Ich möchte meine Aussagen zurücknehmen und darüber hinaus von meinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen", verkündete sie. Das Gericht wird damit wohl zahlreiche Zeugen zu vernehmen haben. Die Taten sollen sich zwischen 2004 und 2007 ereignet haben.

(bil)
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