Moers Beim Hauskonzert trifft Literatur auf Obertongesang

Moers · Improviser in Residence Hayden Chisholm lud Autor José Oliver zu einem besonderen Konzert in die Kleine Allee in Moers ein.

 Hayden Chisholm und José Oliver sind befreundet.

Hayden Chisholm und José Oliver sind befreundet.

Foto: kdi

Im Gegensatz zu seiner Vorgängerin, die häufig in der Kleinen Allee musizierte, hat der diesjährige Improviser in Residence monatelang keine Hauskonzerte veranstaltet. Er wollte zuerst die Stadt erkunden und an öffentlichen Orten in Moers spielen. Doch jetzt scheint der Neuseeländer die besondere Atmosphäre dieser intimen Konzerte in den eigenen vier Wänden schätzen gelernt zu haben.

Nur wenige Tage nach der Premiere mit dem Slow Fox Trio lud Hayden Chisholm zum zweiten Konzert in seinem Wohnzimmer. Es sei ihm, strahlte er, "eine Riesenfreude", diesen Abend mit seinem Freund José Oliver gestalten zu dürfen und mit ihm zu improvisieren, wie sich das gehöre: "Ich werde ihn begleiten und ihm musikalisch Antworten geben."

Der Suhrkamp-Autor José F. A. Oliver wurde als Sohn einer spanischen Gastarbeiterfamilie geboren, die 1960 aus Málaga nach Deutschland kam. Er wuchs im Schwarzwald auf und lebt seit den 1980er Jahren als freier Schriftsteller in seiner Heimatstadt Hausach, unterbrochen von Auslandsaufenthalten in der Schweiz, Spanien, Ägypten, Peru und den USA.

Oliver ist Verfasser von Gedichten, Kurzprosa und Essays zu kulturpolitischen Themen. Einer, der zwischen zwei Kulturregionen wandert und mit zwei Sprachen - der spanischen Muttersprache und dem alemannischen Dialekt seiner Heimat - jongliert und experimentiert. Einen sehr lebendigen Eindruck seiner Poesie vermittelte Oliver der kleinen Zuhörerschar mit Ausschnitten aus Essays und Gedichten: von seinem Lieblingsgedicht "Frau in Schwarz" über die "Vaterskizze, meinen Kühlschrank betrachtend", ein Sinnbild für herzliche Willkommenskultur, bis zu "schwarzwald, wurzelleichte", einem Heimatgedicht in sehr schnellem Rhythmus, dem die Zuhörer sich einfach überlassen sollten.

Die Fragmente aneinandergereihter Eindrücke griff Hayden Chisholm auf und beantwortete ihre unterschiedlichen Stimmungen phantasievoll und sensibel in einem Mix aus Obertongesang, Saxophonklängen und dem anhaltenden Bordun einer indischen Shrutibox. Begonnen hatte das Hauskonzert mit einer Improvisation über eine "schöne Melodie", die Chishol kürzlich auf einer Reise kennenlernte: "Man hört etwas und nimmt das mit." An diese Einleitung knüpfte er zuletzt mit einem Saxophon-Solo an, mit dem das Programm wunderbar stimmig endete. Die Fortsetzung der Hauskonzerte in der Kleinen Allee lässt hoffentlich nicht allzu lange auf sich warten.

(prs)
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