Moers Barockkonzert in der Stadtkirche überrascht mit anderen Klängen

Moers · Barockgeigerin Natascha Lenhartz hat am Sonntag zum großen Konzert unter dem Titel "Dixit" geladen. Die frühen Stücke von Georg Friedrich Händel und Jan Zelenka überraschten das Publikum.

Als die erste Arie in "Dominus Dixit" von Georg Friedrich Händel einsetzt, sehen selbst die Zuschauer auf, die der Musik bisher mit geschlossenen Augen und einer wiegenden Kopfbewegung gelauscht haben. "Virgam virtutis tuae", erhebt Altus Jan Kullmann seine Stimme und die Dame mit dem Gehstock am Rande der letzten Reihe setzt sich kerzengerade hin, um den jungen Sänger besser im Blick zu haben. "...emittet Dominus ex Sion...", geht es weiter. "Der ist ja unglaublich", flüstert eine Frau in der vorletzten Reihe. "...dominare in medio inimicorum tuorum", singt Kullmann, seine Stimme klar und beinahe so hoch wie die einer Frau.

In den Stuhlreihen in der evangelischen Stadtkirche blättern die Besucher eifrig im Programmheft und lesen abwechselnd in der Biographie Kullmanns, der sein Gesangsstudium am Königlichen Konservatorium Den Haag mit Auszeichnung abschloss, und in der Übersetzung des Dixit-Dominus Stückes. "Der Herr wird den Stab deiner Macht aus Zion aussenden: Herrsche inmitten deinen Feinden", hat Kullmann gerade auf Lateinisch zum Besten gegeben. "Der Text von Dixit Dominus ist schon scheußlich", gibt Musiklehrerin und Violinistin Natascha Lenhartz, Initiatorin des Konzerts, später zu. "Allerdings geht es vorrangig um die Power, die diese geistlichen Stücke entwickeln und um die Klänge, die mit den barocken Instrumenten deutlicher artikuliert werden können." Lenhartz hat für diesen Sonntagabend den Kammerchor Westfalen unter der Leitung von Lucius Rühl und vier Sänger in die Stadtkirche eingeladen: Die Sopranistin Evelyn Ziegler, Jan Kullmann, den Tenor Johannes Klüser und Andreas Pruys, der die Bassstimme singt. Ihr Ensemble "Ondeggiando" mit alten Violinen, Oboen, Violen, einem Violoncello, Kontrabass, Fagott, Organo und deren Rekonstruktionen, hat sie eigens für die frühen Stücke von Händel und die unbekannten von Zelenka zusammengestellt. "Obwohl ich auch die moderne Violine spiele und Unterricht gebe, gefällt mir die Barockgeige am besten. Heute wollte ich den Zuschauern beweisen, dass die Auffassung, barocke Musik sei langweilig, bloß ein Vorurteil ist", erklärt Lenhartz.

Wenn es nach Presbyter Robert Stalmann geht, hat seine Chorkollegin Lenhartz ihr Ziel erreicht. Der Moerser singt in vier Chören und kennt einige Stücke von Händel, jedoch "eher die späten". "Dixit Dominus war mir bisher unbekannt und von Zelenka hatte ich noch nie etwas gehört. Da waren einige interessante, harmonische Wendungen in den Stücken und die Tonsprache war anders, als ich es gewohnt bin. Es hat mir gut gefallen", resümiert Stalmann nach dem Konzert.

Eine Zuschauerin ist sich sicher: "Heute wurden viele mit neuen Klängen überrascht. Da waren keine Längen, durch das Abtreten und die Arien war alles im Fluss." Zum Beifall blieb kein Zuhörer sitzen.

(jma)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort