Moers Banden auf der Jagd nach Lenkrädern

Moers · Im Moerser Norden werden in nur einer Nacht gleich vier geparkte Autos aufgebrochen - aus allen Autos wird das Lenkrad gestohlen. Ein lukratives Geschäft für organisierte Diebesbanden, die in ganz NRW mit System vorgehen.

Ein BMW-Fahrer aus Moers ist in der vergangenen Woche auf dem Weg zu einem Kundentermin. Von seinem Büro geht er mittags zu seinem an der Liebrechtstraße in Utfort geparkten Pkw und öffnet den Wagen mittels der Funkfernbedienung. Doch beim Einsteigen wird er stutzig: "Ich habe mich zunächst ungläubig umgeschaut, aber das Lenkrad meines Autos fehlte." Sofort ruft er eine Bekannte hinzu und fragt sie, ob ihr am Erscheinungsbild des Wageninneren etwas auffalle. "Hier drin müsste mal wieder gesaugt werden", lautet die lapidare Antwort. Erst auf den zweiten Blick bemerkt dann auch sie das nicht mehr vorhandene Steuer.

So oder ähnlich ist es in den vergangenen Tagen gleich vier Auto-Besitzern an der Liebrecht- und Holunderstraße sowie dem Elbinger Ring ergangen. Denn in der Nacht zuvor erbeuteten Diebe gleich mehrere Lenkräder. Ein Phänomen, das derzeit jedoch nicht nur in Moers zu beobachten ist. Allein in den vergangenen zwei Wochen registrierte die Polizei in NRW insgesamt 28 Einbrüche in geparkte Autos, bei denen entweder das Lenkrad, das Navigationssystem oder Multifunktionsbedienungen entwendet wurden. Diese Diebstähle ereigneten sich vom Rheinland bis nach Westfalen, besonders in Kempen, Viersen und Bocholt waren die Diebe nachtaktiv.

Bei der Polizei vermutet man organisierte Banden aus dem Baltikum hinter dieser Einbruchserie, die Dauer eines Tatvorgangs liegt in den meisten Fällen deutlich unter zehn Minuten. Die gestohlenen Teile würden, so ein Sprecher der Polizei, in Osteuropa als billige Ersatzteile weiterverkauft - ein lukratives Geschäft für die Auftraggeber. Knapp 1500 Euro lassen sich mit einem "neuen" Lenkrad verdienen. Auffällig ist auch das markentreue Vorgehen der Kriminellen. Von den zurückliegenden Fällen in der Region wurde 22 mal in ein Modell der bayerischen Nobelmarke eingebrochen. Auch beim Moerser BMW-Händler Fett&Wirtz weiß man um die Problematik mit den eigenen Fahrzeugen. "Ein Lenkraddiebstahl ist leider vergleichsweise einfach. Der Airbag ist nur mit einem Clip am Lenkrad befestigt, das Steuer selbst nur mit einer einzigen Schraube montiert", erklärt der stellvertretende Serviceleiter Rainer Szymczak.

Es müsse daher ein kundenorientierter und gesunder Mittelweg zwischen Reparaturfreundlichkeit und Diebstahlhemmung gefunden werden. Doch an eine schnelle Lösung glaubt selbst Szymczak nicht. "Ich bin jetzt 30 Jahre hier im Betrieb. Seitdem wird das Lenkrad mit einer einzigen Schraube befestigt."

In der Zentrale des Münchener Autobauers sieht man jedoch keinen akuten Handlungsbedarf: "Organisierte Fahrzeugkriminalität ist kein BMW-spezifisches Problem. Alle unsere Produkte erfüllen sämtliche Schutz- und Sicherheitsvorkehrungen", sagt Unternehmenssprecher Bernhard Santer.

Dennoch mache man sich kontinuierlich Gedanken darüber, wie man die Zahl der Vorfälle reduzieren könne. "Codierte Schlüssel und elektronische Wegfahrsperren stellen einen effektiven Schutz dar. Auf Wunsch bieten wir auch Alarmanlagen an, die den Schutz von Türen, Motorhaube und Heckklappe sowie einen ausgefeilten Innenraumschutz beinhalten."

Der beste Schutz gegen die organisierten Diebesbanden sei immer noch eine geschlossene Garage, heißt es von Seiten der Kreispolizei Wesel. Wem eine solche nicht zur Verfügung steht, solle nach Möglichkeit am beleuchteten Straßenrand parken. Doch das war den vier in Moers betroffenen Pkw-Besitzern nicht möglich, denn im Stadtteil Utfort bleiben die Laternen im Zuge der Nachtabschaltung seit dem 14. Oktober dunkel.

(p-m)
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