Diskussion in Moers Awo: „Die Pflege braucht mehr Personal“

Moers · Vier Bundestagskandidaten diskutieren darüber, wie es in Zukunft in der Altenpflege weitergehen kann. Eingeladen hatte die Verdi-Betriebsgruppe des Awo-Seniorenzentrums Schwafheim.

 Das Podium mit (von links) Kerstin Radomski (CDU), Carsten Weyand (Awo Kreis Wesel), Maria Tschaut (Verdi), Matthias Alfringhaus (Moderation), Ulle Schauws (Bündnis90/Die Grünen), Michael Terwiesche (FDP) und Jan Dieren (SPD).

Das Podium mit (von links) Kerstin Radomski (CDU), Carsten Weyand (Awo Kreis Wesel), Maria Tschaut (Verdi), Matthias Alfringhaus (Moderation), Ulle Schauws (Bündnis90/Die Grünen), Michael Terwiesche (FDP) und Jan Dieren (SPD).

Foto: Norbert Prümen

Die Verdi-Betriebsgruppe des Awo-Seniorenzentrums Schwafheim hatte am Dienstagabend zu einer Diskussionsrunde im Vorfeld der Bundestagswahl eingeladen. „Wie weiter in der Altenpflege?“ lautete die Frage, die Moderator Matthias Alfringhaus, NRZ-Chef in Moers, an die anwesenden Experten und Politiker weitergab. Die Sachlage stellte Gewerkschaftssekretärin Maria Tschaut von Verdi NRW anhand einer kürzlich erfolgten Umfrage unter Mitarbeitenden dar. Beim sogenannten „Versorgungsbarometer“ wurde nach ihrer Zufriedenheit gefragt.

Wichtigste Ergebnisse: 20 Prozent der Auszubildenden beklagten, dass keine strukturierte Einarbeitung stattfinde, 73 Prozent der Mitarbeiter sagen, sie hätten zu wenig Zeit für Gespräche mit den Bewohnern und ebenfalls 73 Prozent finden, die personelle Ausstattung der Heime sei viel zu gering. Das bestätigte auch Carsten Weyand, der bei der Awo im Kreis Wesel für die Altenpflege zuständig ist: Der Personalmangel beziehe sich auch nicht nur auf die Pflegenden, sondern betreffe auch die anderen Mitarbeitenden, wie Hauswirtschaftskräfte oder Ergotherapeuten. „Was wir brauchen, ist: Personal, Personal, Personal!“, betonte er. In der Corona-Zeit habe sich dieser Missstand noch stärker gezeigt. Junge Leute für den Beruf zu gewinnen, sei schwieriger geworden. Das liege nicht am Azubi-Gehalt, sondern mehr am schlechten Image des Pflegeberufs. Die Schichtarbeit und die Probleme bei der Vereinbarkeit mit der Familie scheinen weitere Hürden zu sein.

Als weiteres Problem wurde von der Runde benannt, dass die Kosten für einen Heimplatz extrem hoch seien und Menschen mit kleinen Renten und Einkommen in die Sozialhilfe treibe. Welche Lösungen schlagen also die einzelnen Parteivertreter vor, um die Situation für beide Seiten zu verbessern? Von Verdi ist bereits der Vorschlag einer solidarischen Pflegegarantie, also einer Art Bürger-Pflegeversicherung an die Politik herangetragen worden. In diese Versicherung müssten alle Arbeitnehmer einzahlen gemäß ihren Vermögensverhältnissen. Außerdem plädiert die Gewerkschaft für einen Tarifvertrag, orientiert am Öffentlichen Dienst, dem sich alle Arbeitgeber anschließen sollen.

Die kirchlichen Arbeitgeber Caritas und Diakonie hatten dies zuletzt verhindert. Kerstin Radomski, CDU-Bundestagsabgeordnete, drückte ihr Bedauern darüber aus. Sie wünscht sich einen neuen Anlauf und mehr Gewicht für das Thema in der großen Koalition. Dabei müsse auch an die ambulante Pflege und die pflegenden Angehörigen gedacht werden. Für die Stärkung der Arbeitnehmer-Rechte wünscht sie sich die Einrichtung einer „Pflegekammer“. Sie möchte sich ebenso dafür einsetzen, dass die Zeit in der Pflege nicht durch unnötige Bürokratie belegt wird. Auf dasselbe Thema hob auch Michael Terwiesche ab, der für die FDP im Bundestag kandidiert. Er fordert eine bessere Bezahlung, allerdings findet er die Bürger-Pflegeversicherung nicht gerecht und ist gegen einen allgemein verbindlichen Tarifvertrag. Jan Dieren, Kandidat der SPD, unterstützt hingegen die Vorschläge von Verdi.

Außerdem sprach er sich für eine Begrenzung des Eigenanteils für einen Heimplatz aus. Ulle Schauws, Bundestagsabgeordnete der Grünen, sprach sich für eine stärkere Lobby für die Pflegeberufe aus. Verbindliche Tarifverträge für alle sowie der Aufbau einer Bürgerversicherung sind auch für sie Teil der Lösung. Neue Wege zu Berufseinseigern sowie die Anerkennung von Qualifikationen seien ebenso von Bedeutung. Die Awo sei auf allen Kanälen unterwegs und habe in diesem Jahr noch genügend Bewerber gefunden, so Carsten Weyand. Die Umstellung der Ausbildung auf „Pflegefachkraft“ sei ein wichtiger Schritt, um die Altenpflege mit der Krankenpflege gleichzustellen.

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