Die alte Unterführung am Königlichen Hof Ausflug in die Moerser Unterwelt

Moers · Zwischen 1972 und 1988 verband eine Fußgängerunterführung die Steinstraße mit dem Königlichen Hof. Die Eingänge sind zwar zu, aber den Tunnel gibt es nach wie vor. Regelmäßig muss die Enni ihn überprüfen.

Ausflug in die Moerser Unterwelt
Foto: Christoph Reichwein (crei)

Die Vergangenheit liegt ein paar Meter unter dem Asphalt zwischen Steinstraße und Königlichem Hof: Es handelt sich um die ehemaligen Fußgängerunterführung aus den 70er und 80er Jahren. Wie, ist sie denn nicht zugeschüttet? Aber nein, nur die Ein- beziehungsweise Ausgänge wurden „abgemauert“, aufgefüllt und eingeebnet. Der Tunnel blieb auf rund 30 Metern Länge erhalten. Ab und zu steigen Mitarbeiter der Enni in ihn; der Zugang ist über zwei Luftschächte möglich. „Es handelt sich ja um ein Ingenieurbauwerk. Wir müssen regelmäßig schauen, ob alles in Ordnung ist, alle sechs Jahre“, sagt Enni-Vorstand Lutz Hormes.

 Der Tunneleingang an der Steinstraße in den 80er Jahren. Tafeln informieren über die Buslinienverbindungen am Königlichen Hof.

Der Tunneleingang an der Steinstraße in den 80er Jahren. Tafeln informieren über die Buslinienverbindungen am Königlichen Hof.

Foto: Stadt Moers

Diesmal hat die Enni Gäste zur Begehung eingeladen, darunter die Presse und Vertreter der Stadt. „Ich fühle mich in meine Jugend versetzt“, sagt Thorsten Kamp, Technischer Beigeordneter der Stadt. „Damals musste man hier durchgehen. Es gab keine Fußgängerampel an der Straße.“ Die ersten Stufen der ehemaligen Treppenaufgänge sind noch zu sehen. Daneben gab es ursprünglich auch Rolltreppen.

 Alte Veranstaltungsplakate an der Tunnelwand. Eins weist auf das Rockdorf-Festival in Rheinberg hin.

Alte Veranstaltungsplakate an der Tunnelwand. Eins weist auf das Rockdorf-Festival in Rheinberg hin.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Die Unterführung zwischen Steinstraße und Kö wurde 1972 eröffnet. Sie erwies sich als teurer Spaß. Wartung und Reparaturen der Rolltreppen sowie die Behebung von Vandalismus- und anderen Schäden gingen ins Geld. 1983 erfolgte der Beschluss, die Rolltreppen stillzulegen und die normalen Treppen auszubauen. 1987 wurde der Tunnel für drei Monate gesperrt, um eine ampelgesicherte Straßenüberquerung zu testen. 1988 kam auf die Eingänge endgültig der Deckel drauf.

 Leere Bierflaschen auf einem Schaltkasten, Mindesthaltbarkeitsdatum laut Etikett: April 89.

Leere Bierflaschen auf einem Schaltkasten, Mindesthaltbarkeitsdatum laut Etikett: April 89.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Gut 30 Jahre später ist die Unterführung noch in erstaunlich gutem Zustand. Zwar sind die Scheiben der Vitrinen an den weiß verklinkerten Wänden eingeschlagen, man könnte vielleicht auch mal durchfegen. Aber die Bausubstanz ist gut. Der Boden ist feucht, von der Betondecke tropft es. Doch das ist nur Kondenswasser. Probleme mit eindringendem Niederschlag, wie zuletzt während des Baus des Fußgängertunnels am Bahnhof – Fehlanzeige. Schalt- und Sicherungskästen zeugen von der früheren Tunnel-Technik. Und dann sind da menschliche Relikte, die die Aufmerksamkeit der nachgeborenen Tunnelgäste erregen – wie Schmierereien an den Wänden („Liverpool F.C.“) und Plakate. Eins wirbt für das Rheinberger Rockdorf-Festival 1988. Neben lokalen Gruppen (Reflex Bänd) trat dort die legendäre Band Härte 10 auf! Zu weiteren „archäologischen Funden“ zählen verrostete Bierdosen und alte Flaschen, alle leer. Auf einem Köpi ist das Ablaufdatum 4/89 zu erkennen. Das Etikett wird vielleicht noch künftigen Generationen Aufschluss darüber geben, bis wann der Tunnel in etwa geöffnet war. Pläne, ihn zu verfüllen, gibt es nach wie vor nicht. „Dazu gibt es keinen Grund“, sagt Thorsten Kamp. „Er ist stabil. Das würde nur unnötig Geld kosten.“

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