Aus Moers nach Kamp-Lintfort Ärger um verliehene Streichelzoo-Tiere

Moers/Kamp-Lintfort · Bürgermeisterkandidatin Diana Finkele will gegen die Leihgabe an den Tierpark Kalisto protestieren. Die Freien Bürgerliste Moers bittet Bürger, nun dem Streichelzoo Tiere zu leihen, und die CDU erwartet für diesen ein neues Konzept.

 Kalisto Tiere

Kalisto Tiere

Foto: Laga

 Eine Ziege, acht Hühner, neun Enten, eine Gans, sieben Schafe, zwei Alpakas: Über den Aufenthaltsort dieser Tiere entspannt sich in Moers gerade eine hitzige politische Diskussion. Während der Osterwoche sind die genannten Bewohner des Moerser Streichelzoos in ihr vorübergehend neues Zuhause im kleinen Tierpark Kalisto auf dem Landesgartenschaugelände eingezogen. Wie berichtet, hat die Stadt Moers sie nach Kamp-Lintfort ausgeliehen. „Die Landesgartenschau ist eine Attraktion für die Region, deshalb kooperieren wir gerne mit Kalisto“, sagt der Technische Beigeordnete Thorsten Kamp Mitte April. Doch im politischen Raum sehen das nicht alle so.

Die Mitglieder der Freien Bürgerliste Moers (FBM) waren vor knapp zwei Wochen die ersten, die forderten: Lasst die Tiere in Moers! „Viele Familien mit Kindern besuchen den Streichelzoo im Freizeitpark“, sagte FBM-Ratsmitglied Otto Laakmann. Gerade in den aktuellen Corona-Zeiten sei der Kontakt mit der Natur und den Tieren sehr wichtig und ein Streichelzoo ohne Tiere ein echter Witz.

In der Tat: „Nicht nur gucken, auch anfassen“ ist das Motto des Mini-Tiergeheges mitten im Moerser Freizeitpark in der Nähe des Rodelbergs und der Bolzplätze. Ziegen, Schafe, amerikanische Mini-Schweine, Alpakas, Kaninchen, Meerschweinchen, Gänse, Lauf-Enten, Hühner und verschiedene Vögel gibt es dort – normalerweise. Dieser Tage wirkt das Gelände verwaist, obwohl die Schafe, ein Schwein und die Vögel geblieben sind.

Auch Diana Finkele, parteilose, von den Moerser Grünen unterstützte Bürgermeisterkandidatin, will die Leihgaben an Kalisto deshalb zurück in die Grafenstadt holen. „Die Tiere des Moerser Streichelzoos werden schmerzlich vermisst“, sagt sie. „Gerade jetzt, während Kindergärten, Kitas, Schulen und Spielplätze geschlossen sind und es kaum sinnvolle Attraktionen für Kinder und Familien gibt, fehlen die Tiere vielen Moerser Familien.“

Fakt ist: Der Fortbestand des Streichelzoos ist ungewiss, und das nicht erst seit heute. Das Konzept aus den 1970ern scheint in die Jahre gekommen. Bereits 2017 wurde in Politik und Verwaltung laut über eine Neukonzeption mit stärkerem Fokus auf den Aspekt Umweltbildung nachgedacht. Eine Entscheidung, auch über das „mit oder ohne Tiere?“, steht derweil noch aus.

„Natürlich kostet der Unterhalt des Streichelzoos die Stadt Moers Geld und das ist knapp“, sagt Finkele. „Um den Erhalt des Streichelzoos sicherzustellen, bedarf es eines stärkeren Engagements der Moerser Bürger. Deshalb wollen wir die Gründung eines Vereins initiieren, der einen Teil der Aufgaben im Streichelzoo übernimmt und damit die Begegnung von Kindern mit überwiegend heimischen Tieren weiter ermöglicht. An den städtischen Planungen der Modernisierung sollte der Verein zukünftig beteiligt werden.“

Dass der Streichelzoo zu Moers gehört, sieht auch CDU-Fraktionschef Ingo Brohl so. Die Tier-Ausleihe nach Kamp-Lintfort sei auch keine eine Vorwegnahme einer Entscheidung über dessen Zukunft, sagt er. „Natürlich ist es nicht gut, dass nach den Ankündigungen aus dem technischen Dezernat aus 2017, über die künftige Ausrichtung des Streichelzoos entscheiden zu wollen, keine Entscheidungsgrundlage mehr gekommen ist. Deshalb sieht es jetzt unter Umständen für einige Bürgerinnen und Bürger so aus, dass durch die Ausleihe eine Entscheidung gegen den Streichelzoo durch die kalte Küche vorweggenommen werden soll.“ Für die CDU stehe aber eindeutig fest: „Wir wollen auch in Zukunft den Streichelzoo im Moerser Freizeitpark mit Tieren und zusätzlich das Konzept des sogenannten Grünen Klassenzimmers. Für uns steht fest, die Tiere, die jetzt ausgeliehen sind, kommen definitiv wieder zurück nach Moers.“

Für die CDU, sagt Brohl, seien auch die Kosten des Streichelzoos im niedrigen sechsstelligen Bereich kein Argument gegen dessen Fortbestand. „Wir geben bei anderen freiwilligen Leistungen deutlich mehr Geld aus als beim Ganzjahresangebot Streichelzoo. Uns geht es in der Diskussion nur darum, dass Angebot zu modernisieren und zu verbessern.“ Die aktuelle Corona-Kontaktsperre, sagt der CDU-Fraktionschef, sei für ihn mit Anlass gewesen, der Ausleihe überhaupt zuzustimmen: „Ansonsten wären wir gegebenenfalls als Stadt in die gleiche Situation gekommen, wie bei den Spielplätzen oder dem Geleucht und hätten auch das Areal Streichelzoo absperren müssen.“

Dass alle Fraktionsvorsitzenden im Moerser Stadtrat der Leihgabe zugestimmt haben, bestätigt auch die FBM. Dennoch kämen bei den Fraktionsmitgliedern derzeitig Zweifel auf, ob die im Rahmen des nachbarstädtischen Miteinanders ausgeliehenen Tiere nach der Landesgartenschau in die Grafenstadt zurückkehren werden, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung.

„Dass sich Diana Finkele mit einer eigenen Aktion unserem dringenden Anliegen für Moerser Familien anschließt, begrüßen wir“, erklärt Fraktionschef Paul Süßer. Er erwarte, dass sich eine einhellige Front im politischen Moers für den Fortbestand des Streichelzoos findet.

 Oben: Die Alpakas in ihrem Gehege im Kalisto. Im Hintergrund die beiden Fördertürme. Unten: Verwaister Streichelzoo in Moers.

Oben: Die Alpakas in ihrem Gehege im Kalisto. Im Hintergrund die beiden Fördertürme. Unten: Verwaister Streichelzoo in Moers.

Foto: Lokalklick Kreis Wesel
 Verwaister Streichelzoo in Moers

Verwaister Streichelzoo in Moers

Foto: Lokalklick Kreis Wesel

„Andere Nachbarstädte bauen sich einen Tierpark auf, während Moers umsonst Tiere dorthin verleiht“, sagt Laakmann. „Eine Nachfrage besteht, sonst würde ein Betreiber dies nicht mittragen.“ Die FBM bitte die Bürger, dem Streichelzoo leihweise ihre Tiere zur Verfügung zu stellen. „Wir können unseren Moerser Streichelzoo gerade jetzt zu Zeiten der Pandemie nicht so einsam lassen“, so Laakmann. „Die Tiere mit ihrem hohen sozialen, psychisch-emotionalen und pädagogischen Nutzen fehlen vielen Moerser Familien.“

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