Moers Arbeitslose machen Helden-Theater

Moers · In einer ehemaligen Meerbecker Kampfsportschule inszenieren Jugendliche, die auf einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz warten, unter der Leitung des Regisseurs Manuell Schmitt ein selbst entwickeltes Stück.

 Die arbeitslosen Jugendlichen proben eine der Kampfszenen ihres Theaterstücks - die erste Aufführung ist am 21. März zu sehen, außerdem soll noch eine öffentliche Inszenierung im Sommer geben.

Die arbeitslosen Jugendlichen proben eine der Kampfszenen ihres Theaterstücks - die erste Aufführung ist am 21. März zu sehen, außerdem soll noch eine öffentliche Inszenierung im Sommer geben.

Foto: Klaus Dieker

Ragnarök ist hierzulande allenfalls eingefleischten Wagnerianern unter dem Namen "Götterdämmerung" ein Begriff. Jugendlichen Arbeitslosen dürfte das Ende aller Tage, an dem die Einherier, die im Kampf gefallenen Krieger, unter der Führung Odins ins letzte Gefecht gegen die Riesen ziehen, eher unbekannt und daher ziemlich wurscht sein. Trotzdem feiert am 21. März in einer ehemaligen Kampfsportschule im tiefsten Meerbeck ein Theaterspektakel Uraufführung, in dem junge Leute ohne Job die Germanen-Klingen kreuzen. "Der Einherier", heißt das Stück, das die Laien-Schauspieler in fünfmonatiger Arbeit zur Bühnenreife entwickelt haben. Finanziert wurde das Projekt durch das JobCenter des Kreises Wesel, pädagogisch betreut von Kristiane Kleckers vom SCI Moers und künstlerisch geleitet von Redakteur Manuell Schmitt vom Verein Culture for Development.

Worum es geht, ist schwer zu sagen: Es geht um Heldentum in allen möglichen Schattierungen und darum, wie einer zu dem wird, was er hätte werden wollen. Das ist etwas verwirrend, es wir viel gekämpft, geliebt, gemeuchelt und wiederauferstanden. Aber wie es sich gehört, hat der Held sich am Ende durchgesetzt. Grelle Filmclips und Soundcollagen, die ebenfalls von den Jugendlichen erstellt wurden, machen das Bühnenspiel zum Multimediaspektakel. Das ist Fantasy, Slapstick und Superhelden-Action. Erkennbar waren Marvel-Comics und Computerspiele eher Inspirationsquelle als altnordische Heldenepen. Aber, und das betonen, alle jungen Schauspieler im Gespräch, ganz deutlich: Hinter dem in den vergangenen fünf Monaten entwickelten Szenario spielen die Darsteller ein weiteres Stück; das ihres eigenen Lebens.

Die Theaterarbeit soll dabei helfen, die Lebenskrise, in der sich alle mehr oder weniger befinden, zu bewältigen. Nicht jedem war das von Anfang an einsichtig: "Als man mich am ersten Ta des Projekts gefragt hat, ob ich überhaupt Lust habe, mitzumachen, habe ich ,nein' gesagt", erinnert sich Pascal Schnitzer (20), dem der Germanengott sichtbar leicht von der Klinge geht. "Jeder einzelne hat etwas zu dem Projekt beigetragen", sagt Jana Kempe (21), die gerne Erzieherin werden möchte. "Eines der Zeile war ja auch, Selbstvertrauen zu erlernen und den Zusammenhalt der Gruppe zu stärken. Das hat geklappt. Auch die Neuen, die später hinzustießen, wurden ohne Probleme aufgenommen."

Manuel Schmitt übte mit den Jugendlichen sicheres Auftreten und deutliches Sprechen. Das hilft nicht nur auf der Bühne, sondern auch bei Bewerbungsgesprächen. Aber einige räumen auch vorbehaltlos ein, dass sie sehr viel Grundlegenderes durch die regelmäßigen Probensitzungen lernten: "Ohne die Mitarbeit hier, wäre ich glaube ich, gar nicht in der Lage, wieder in einem Job zu arbeiten" sagt René Fiedler 823). Er habe gelernt, morgens wieder früh aufzustehen und pünktlich zu sein. Doch es war nicht allein, das Erfolgserlebnis, den Drachen in sich besiegt zu haben, das den jungen Schauspielern Auftrieb gibt. Marius Siemowski (22) drückt seine Erfahrungen so so aus: "Es ist cool, etwas Eigenes zu schaffen.

Das Projekt endet im Juli. Bislang haben fünf Jugendliche einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz gefunden.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort