KLEVE / MOERS Angeklagter wünscht sich Maßregelvollzug

KLEVE / MOERS · Als Kopf einer Bande soll ein 29-Jähriger an Geldautomatensprengungen in Moers und andernorts beteiligt gewesen sein. Vor dem Klever Landgericht verneinte der Angeklagte am Montag, an den Sprengungen mitgewirkt zu haben.

Angeklagter wünscht sich Maßregelvollzug
Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

Bandenmäßige Geldautomatensprengungen und Einbrüche werden einem 29-jährigen Deutschen vorgeworfen, der sich am Montag vor dem Klever Landgericht verantworten musste. Die Staatsanwaltschaft wirft dem in Kempen geborenen Mann unter anderem vor, an der Sprengung eines Geldautomaten an der Moerser Franz-Haniel-Straße beteiligt gewesen zu sein. Die Tresortür des Automaten flog bis auf die andere Straßenseite und schlug dabei Kerben in den Asphalt.

Der Angeklagte soll laut Staatsanwaltschaft der Kopf einer dreiköpfigen Bande gewesen sein. Die anderen beiden Männer wurden deswegen im Oktober vergangenen Jahres zu Freiheitsstrafen verurteilt: Vier Jahre und drei Monate bekam ein 28-Jähriger, drei Jahre und drei Monate ein 20-Jähriger. Beide kommen aus dem Raum Krefeld, wo auch der nun angeklagte 29-Jährige lebte.

Der Angeklagte gab sich am Montag nicht wortkarg: Er ließ sich ausführlich zu seinem Lebenslauf und den Anklagevorwürfen ein, bat die Kammer zwischendurch gar, Notizen zu machen. Ein österreichischer Psychologe habe bei ihm das Asperger-Syndrom – eine Form des Autismus – festgestellt, so der Angeklagte. Außerdem sei er Drogenkonsument. Sein Verteidiger hatte zuvor bereits ein psychiatrisches Gutachten wegen des erklärten Konsums seines Mandanten beantragt.

Ein entscheidender Tag im Leben des Angeklagten: Der 24. Juli 2010, Tag der Loveparade-Katastrophe in Duisburg. „Das hat mein Leben zerrissen“, sagt er, ohne Genaueres dazu zu schildern. Danach habe er Straftaten begangen, um sich Drogen und Alkohol zu finanzieren. Er landete im Gefängnis, saß von 3,5 Jahren gut zwei Jahre ab.

Fachabiturient, Hochbau-Facharbeiter, Student in Aachen, Glücksspieler, Kellner im Bierkönig auf Mallorca und in Krefeld, Teilhaber eines Spielcafés – der Angeklagte präsentiert im Gerichtssaal eine bunte Biografie. Ein wiederkehrendes Motiv: die Drogen. Kokain, Speed, Alkohol – er wolle im Falle einer Verurteilung in den Maßregelvollzug, so der Angeklagte. „Wenn ich untherapiert entlassen werde, ist das für mich in Anführungszeichen ein Todesurteil.“ Dauerte der Maßregelvollzug länger als die erwartete Freiheitsstrafe, es wäre ihm egal, sagt er.

Auch zu den neun Anklagepunkten äußert sich der 29-Jährige detailliert: Er räumte vier Einbrüche ein, bestritt jedoch die Mitwirkung an Automatensprengungen – einschließlich der Sprengung am 14. Oktober 2018 in Moers. Er habe seinen Kumpels gleich klargemacht: „Ich sprenge überhaupt nichts.“

Wenngleich die Kammer das Ziel hatte, am Montag ein Urteil zu fällen, gab es Verzögerungen. Die Verteidigung beantragte die Ladung weiterer Zeugen. Der Prozess wird an einem neuen Termin fortgesetzt.

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