Unsere Woche An den Bedürfnissen vorbei

Liebe Mitmoerser, eine Trauerfeier ohne Sarg oder Urne – können Sie sich das vorstellen? Ganz ehrlich: Ich nicht! Das ist nicht nur unpraktikabel, sondern geht auch vollkommen an den Bedürfnissen trauender Menschen vorbei.

 Julia Hagenacker, verantwortliche Redakteurin der Lokalredaktion

Julia Hagenacker, verantwortliche Redakteurin der Lokalredaktion

Foto: tber/lber

Wer sich selbst, Familie und Freunden die Möglichkeit geben möchte, von einem geliebten verstorbenen Menschen mit einer Trauerfeier Abschied zu nehmen, der möchte, dass die Hauptperson „dabei“ ist – ein letztes Mal, bevor der Sarg oder die Urne für immer unter der Erde verschwindet. Insofern grenzt das, was die evangelische Kirchengemeinde Utfort jetzt anbietet, an einen echt schlechten Witz.

Fast ein Jahr lang hat der Enni-Vorstand mit der Gemeinde darüber gesprochen, ob sie sich vorstellen könnte, Trauerfeiern in der Kirche zuzulassen. Hintergrund ist der unvermeidbare Abriss der maroden Trauerhalle auf dem Utforter Friedhof. Aus finanziellen Gründen kann die Enni als Ersatz nur einen kleineren Bau errichten, der mit seinem überstehenden Dach von Bürgern als „Unterstand“ vehement kritisiert worden ist. Die Proteste veranlassten die Enni, bei der Utforter Gemeinde nachzufragen, deren Kirche unmittelbar neben dem Friedhof liegt. Im September hat das Presbyterium entschieden: Ja, man wolle Trauerfeiern zustimmen, aber Särge und Urnen müssten draußen bleiben. Das Warum lässt sich nur schwer nachvollziehen. Uwe Krakow, Pfarrer der evangelischen Gemeinde Utfort, hat auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt, das Presbyterium habe es als richtig und wichtig angesehen, „Trauernden einen Raum zu geben“. Es habe aber einen „Anbau“ an der Kirche abgelehnt. Um Särge in die Kirche zu bringen, wäre eine Rampe oder ein Lift notwendig gewesen, den die Enni bezahlen wollte. Ja, man sollte die Frage stellen, warum die Trauerhalle über Jahrzehnte so herunterkommen musste. Man darf auch fragen, ob es sich die Enni mit ihrem „Kein Geld – macht Ihr mal“-Argument nicht ein bisschen einfach macht. Ganz sicher ist aber: Ein schlichtes „Nein“ hätte der Kirchengemeinde besser zu Gesicht gestanden. Das wäre auch keine wahnsinnig populäre Entscheidung gewesen. Aber sie wäre wenigsten konsequent.

julia.hagenacker@rheinische-
post.de

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