Altes Landratsamt in Moers Dauerausstellung wird erst 2022 fertig

Moers · Die im Alten Landratsamt geplante Dauerausstellung über die Moerser Demokratiegeschichte wird voraussichtlich erst 2022 eröffnet. Die eigens für Moers entwickelten „Bio-Monitore“ sind fertig.

 Bernhard Schmidt, Hans-Helmut Eickschen, Lisa Merschformann und Diana Finkele zeigen einen der Bio-Monitore.

Bernhard Schmidt, Hans-Helmut Eickschen, Lisa Merschformann und Diana Finkele zeigen einen der Bio-Monitore.

Foto: Norbert Prümen

Während Kulturbüro, NS-Dokumentationsstelle sowie VHS bereits eingezogen sind und der Sammlungs- und Studierbereich unterm Dach die Arbeit aufgenommen hat, lässt die Eröffnung des zentralen Elements der neuen Nutzung des zwischen 1898 und 1908 errichteten Alten Landratsamtes weiter auf sich warten. Dort, wo auf zwei Etagen Kaiserzeit, Erster Weltkrieg, jüdisches Leben, Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg sowie demokratischer Neubeginn und kultureller Aufbruch in Moers exemplarisch an Biografien dokumentiert werden sollen, startet erst jetzt der Ein- und Aufbau. Die Eröffnung der Dauerausstellung wird voraussichtlich erst Ende des ersten Quartals 2022 sein, das Budget beläuft sich auf insgesamt 250.000 Euro.

„Technische Planung, das Einholen von Angeboten und die Vergabe der Aufträge/Gewerke sind durch. Wir haben ja kein Generalunternehmen beauftragt, sondern arbeiten mit 25 Einzelfirmen zusammen. Das bedarf der Abstimmung, damit wir am Ende das bekommen, was wir haben wollen: ein gutes Produkt“, erklärt Museumsleiterin Diana Finkele. Lebendig soll die Dauerausstellung über die wechselvolle Moerser Demokratiegeschichte sein. Dies soll über die Identifikation mit starken Biografien gelingen. Die prominenteste, die im Alten Landratsamt vorgestellt wird, ist die des Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch. Die Stadt erhielt einen Teilnachlass als Schenkung.

35 weitere Biographien sind erarbeitet. Sie schildern das Schicksal von jüdischen Mitbürgern, politisch Verfolgten, Euthanasie-Opfern, aber auch die Täter werden benannt. Mitglieder des 2015 gegründeten Trägervereins „Neue Geschichte im Alten Landratsamt“ haben die Biografien recherchiert, höchst engagiert Bernhard Schmidt („Erinnern für die Zukunft“) und Hans-Helmut Eickschen (Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Moers). Sie förderten viel Neues aus Kellern und Privatarchiven zu Tage. Eine kleine Sensation sei ein Foto-Fund, erzählt Diana Finkele. Es handelt sich um die einzige bekannte Aufnahme der Moerser Synagoge. „Das alles ist aber nur der Anfang. Angedockt an die NS-Dokumentationsstelle sollen Schüler, Lehrer, Wissenschaftler und Interessierte im pädagogischen Sammlungs- und Studierbereich des Alten Landratsamtes weitere Biografien erarbeiten“, sagt die Museumsleiterin.

„Wir wollen das Interesse wecken, Geschichte zu hinterfragen und weiter zu forschen. Die Ausstellung wird nie zu Ende erzählt sein“, betont die Leiterin des Grafschafter Museums. Herzstücke der Dauerausstellung sind die eigens für Moers aufwendig kreierten „Bio-Monitore“, entwickelt und programmiert in Zusammenarbeit mit Studenten der Fachhochschule Gelsenkirchen. Der Ansatz ist digital. Die Idee: Besucher erhalten am Eingang einen Ausweis, mit dem sie sich im Haus sowie an den „Bio-Monitoren“ auf die Spuren von jeweils einer Biographie, zum Beispiel von Johann Esser, Josefa Leiß oder Werner Coppel, begeben können. Die Bio-Monitore sind mit Computern, Bildschirmen, Kameras, Lesegeräten, Lautsprechern und Touchscreens ausgestattet. Hier erwarten die Besucher kleine Einspielfilme, die einen Einblick in die jeweilige Zeit geben. Über den Touchscreen können sie detaillierte Informationen abfragen. Dokumente, Fotos, Melderegister und Urkunden, aber auch wiedererkennbare Objekte aus dem Museum sind ins Programm eingespeist. Der Corona-Lockdown hätte den Dreh der Filme beinahe gestoppt. „Zum Glück sind wir rechtzeitig fertig geworden“, sagt die Museumsleiterin. Die Entwicklung der „Bio-Monitore“ sei vom Bau des ersten Prototypen bis zur Materialbeschaffung aufwendig, zeitweise seien die einzelnen Bestandteile nicht zu beschaffen gewesen. Auch die Corona-Pandemie sorgte für zeitliche Verzögerungen.

„Ja, das waren besondere Umstände. Es war schwierig, bestimmte Arbeiten weiterzuführen, die Treffen der Arbeitsgemeinschaft vor Ort waren nicht möglich“, betont Diana Finkele und erinnert sich an die Bestellung eines wichtigen Baustoffes, der in seiner Zusammensetzung offenbar auch Desinfektionsmittel enthält. „Dass die Lieferzeit deshalb länger dauerte, kann man sich sicher gut vorstellen“, sagt Finkele. Die Konzeption des Museumsbereichs sieht eine Kombination aus klassischen Ausstellungselementen wie Wand-,Text- und Bild-Gestaltung und digitaler Nähe vor. So sind Kojen geplant, in denen Objekte aus der jeweiligen Zeit präsentiert werden sollen. „Wir zeigen zum Beispiel Dinge, die Moerser Juden zurücklassen mussten, als sie deportiert wurden: eine Puppe, Tischdecken und Dokumente. Das jüdische Leben in Moers zieht sich durch die gesamte Ausstellung. Wir haben nicht nur eine Ecke eingeplant. So dokumentieren wir das Verschwinden der Menschen aus der Stadt.“

Altes Landratsamt moers Moers zur Zeit der Industrialisierung   Moers. (pst) Die Stadtführung am Samstag, 27. August steht ganz im Zeichen der Industrialisierung. Gästeführerin Eva-Marie Eifert stellt verschiedenste industrielle Veränderungen Ende des 19. Jahrhundert der bis dahin beschaulichen Stadt Moers vor. Los geht es um 14 Uhr am Bahnhof. In einer geradezu rasanten Entwicklung wurden die damaligen Stadtgrenzen überschritten. Neue Verkehrsverbindungen und Infrastruktur entstanden, Vergnügen und Konsum erforderten neue Bauwerke. Auf dem Weg durch die Alt- und Neustadt werden mehrere Schauplätzen besucht, die die Industrialisierung in Moers symbolisieren.   Letzte Symbole des kaiserlichen Moers  Moers ist baulich einem stetigen Wandel unterworfen. Allerdings erinnern noch verschiedene Gebäude, Straßenzüge und Denkmäler an die Kaiserzeit und prägen bis heute das Stadtbild. In der Stadtführung am Sonntag, 28. August, um 11 Uhr lernen Teilnehmende diese Bereiche kennen. Treffpunkt ist das Kreisständehaus am Kastell. Gästeführer Dr. Bernhard Schmidt beschreibt verschiedene Umbrüche, die die glanzvolle preußische Kreisstadt Moers bis zum ersten Weltkrieg begleiteten. So wurde einst das geliebte Stadttor „Mattorn“ wegen des Baus einer modernen Straßenbahnlinie abgerissen.   Infobox:  Anmeldungen: Stadtinfo, Kirchstraße 27 a/b, Telefon 0 28 41 / 88 22 6-0. Kosten: Erwachsene vier Euro, Kinder bis 14 Jahren die Hälfte. Weitere Informationen unter www.moers.de.   Bildzeile:  Auch heute prägen Gebäude der Kaiserzeit das Stadtbild in Moers. (Foto: pst)

Altes Landratsamt moers Moers zur Zeit der Industrialisierung Moers. (pst) Die Stadtführung am Samstag, 27. August steht ganz im Zeichen der Industrialisierung. Gästeführerin Eva-Marie Eifert stellt verschiedenste industrielle Veränderungen Ende des 19. Jahrhundert der bis dahin beschaulichen Stadt Moers vor. Los geht es um 14 Uhr am Bahnhof. In einer geradezu rasanten Entwicklung wurden die damaligen Stadtgrenzen überschritten. Neue Verkehrsverbindungen und Infrastruktur entstanden, Vergnügen und Konsum erforderten neue Bauwerke. Auf dem Weg durch die Alt- und Neustadt werden mehrere Schauplätzen besucht, die die Industrialisierung in Moers symbolisieren. Letzte Symbole des kaiserlichen Moers Moers ist baulich einem stetigen Wandel unterworfen. Allerdings erinnern noch verschiedene Gebäude, Straßenzüge und Denkmäler an die Kaiserzeit und prägen bis heute das Stadtbild. In der Stadtführung am Sonntag, 28. August, um 11 Uhr lernen Teilnehmende diese Bereiche kennen. Treffpunkt ist das Kreisständehaus am Kastell. Gästeführer Dr. Bernhard Schmidt beschreibt verschiedene Umbrüche, die die glanzvolle preußische Kreisstadt Moers bis zum ersten Weltkrieg begleiteten. So wurde einst das geliebte Stadttor „Mattorn“ wegen des Baus einer modernen Straßenbahnlinie abgerissen. Infobox: Anmeldungen: Stadtinfo, Kirchstraße 27 a/b, Telefon 0 28 41 / 88 22 6-0. Kosten: Erwachsene vier Euro, Kinder bis 14 Jahren die Hälfte. Weitere Informationen unter www.moers.de. Bildzeile: Auch heute prägen Gebäude der Kaiserzeit das Stadtbild in Moers. (Foto: pst)

Foto: Stadt
 Moers, Stand der Dinge im Alten Landratsamt: Darum hat das Museum noch nicht geöffnet

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Foto: Norbert Prümen

Schreibmaschinen, in denen Papierbögen eingespannt sind, stehen beispielhaft für die Entrechtung von Menschen. Flugblätter erinnern an die Befreiung der Moerser vom Nazi-Regime. Fotovorhänge an Türen und Fenstern im Ausstellungsbereich sollen die Besucher mitten ins Geschehen hineinziehen – zum Beispiel ins Kaiserreich oder in die Weimarer Republik.

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