Moers Als ich Willy Brandt durch Eick führte

Moers · Samstag wird in Utfort die Willy-Brandt-Allee eröffnet. Brigitte Sonntag erinnert sich an eine Begegnung mit Brandt.

 Brigitte Sonntag (heute Heimann l. und r.) führte als Achtjährige Willy Brandt und Fritz Büttner durch die Neubausiedlung an der Waldenburger Straße. Heute blickt sie für die RP zurück.

Brigitte Sonntag (heute Heimann l. und r.) führte als Achtjährige Willy Brandt und Fritz Büttner durch die Neubausiedlung an der Waldenburger Straße. Heute blickt sie für die RP zurück.

Foto: Privat/ Klaus Dieker

Um 14 Uhr eröffnet heute der Ortsvorsitzende des SPD-Ortsvereins Rheinkamp die Willy-Brandt-Allee. Bürgermeister Norbert Ballhaus hält eine Ansprache und Jürgen Schmude, ehemaliger Justizminister, wird eine historische Würdigung des ehemaligen Bundeskanzlers und Friedensnobelpreisträgers, wohl auch aus persönlicher Erinnerung, vornehmen.

Nur wenigen Anwesenden dürfte noch präsent sein, dass Willy Brandt, der vor kurzem 100 Jahre alt geworden wäre, tatsächlich einmal ganz in der Nähe Station machte. Eine Bürgerin Rheinkamps, die heute in Repelen wohnt, lernte Brandt sogar ganz aus der Nähe kennen: Brigitte Heimann (geborene Sonntag) führte als Achtjährige den Spitzenkandidaten der SPD für die Bundestagswahl durch die Neubausiedlung an der Waldenburger Straße.

Heute ist Brigitte Heimann 56 Jahre alt. Sie wohnt immer noch in Rheinkamp. "Selbst habe ich wenige Erinnerungen an den Tag, als Willy Brandt zu Besuch kam. Aber meine Mutter hat mir noch oft davon erzählt. Meine Eltern waren wie viele andere Bürger Rheinkamps gekommen, um den Regierenden Bürgermeister von Berlin zu sehen und hatten mich mitgenommen. Ich stand zufällig in der ersten Reihe, als Willy Brand vorbeikam. Er hat mich an die Hand genommen, und wir sind zusammen die Waldenburger Straße hinuntergegangen."

Es sei wohl ein spontaner Einfall von Willy Brandt gewesen, sagt Heimann. Möglicherweise war auch Kalkül dabei, denn auf seiner Wahlkampfreise war Brandt stets von Fotografen begleitet. Einer schoss dann auch die Aufnahme, die Mark Rosendahls Vater, Heinz-Wilhelm Rosendahl, in seinem Erinnerungsbuch "SPD-Ortsverein Rheinkamp — 100 Jahre vor Ort" veröffentlicht wurde. Das Foto zeigt Brandt, Heimann und den damaligen Bundestagsabgeordneten Fritz Büttner. Der konnte seinen Wahlkreis 1965 mit deutlichem Abstand gewinnen. #

Brandts SPD hingegen verzeichnete zwar einen Stimmenzuwachs, konnte aber nicht verhindern, dass mit Ludwig Erhard erneut ein CDU-Kandidat Bundeskanzler wurde. Vier Jahre zuvor hatte Brandt bereits die Nachbarstadt Moers besucht und dort den Neubau des Kreishauses besichtigt. Aber auch in diesem Jahr war die Bundes-SPD bei den folgenden Wahlen der CDU unterlegen. Erst im Jahr 1969 klappte es mit der Kanzlerschaft. 1971 erhielt Brandt dann den Friedensnobelpreis.

Als Staatsmann ist Willy Brandt inzwischen auch in konservativen Kreisen unumstritten. So hätte auch die Moerser CDU nichts gegen eine Willy-Brandt-Allee einzuwenden gehabt. Doch die Christdemokraten wollten nicht hinnehmen, dass die Konrad-Adenauer-Straße verkürzt wurde, um das Teilstück Ludwig Erhard widmen zu können. Da SPD-Fraktions-Chef Mark Rosendahl nach CDU-Darstellung zu Verhandlungen darüber nicht bereit war, versagten die Christdemokraten der Willy-Brandt-Allee ihre Zustimmung.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort