Moers Adolfiner unterrichten Flüchtlinge

Moers · Schüler und Lehrer des Moerser Gymnasiums ziehen zwei Monate nach dem Start des Gemeinschaftprojekts mit der Volkshochschule eine erste Zwischenbilanz. Flüchtlinge danken Helfern, kritisieren aber das Bundesamt.

 Schüler, Lehrer und Teilnehmer des Flüchtlingsprojekts im Gymnasium Adolfinum.

Schüler, Lehrer und Teilnehmer des Flüchtlingsprojekts im Gymnasium Adolfinum.

Foto: Arnulf Stoffel

Jan Pütter (16), Zehntklässler des Gymnasiums Adolfinum, hat Schulhefte mitgebracht. Ein jedes vollgeschrieben mit Sprachübungen bis zur letzten Seite. Sie stammen von einem jungen Syrer, der seit November an einem in der Region bislang einzigartigen Projekt teilnimmt: Schüler und Lehrer des Gymnasiums Adolfinum unterrichten und betreuen rund 30 Flüchtlinge, die im vergangenen Jahr nach Deutschland gekommen sind. Die Moerser Volkshochschule (VHS) unterstützt die Ehrenamtler: "Das Adolfinum leistet hier Pionierarbeit", sagt VHS-Fachbereichsleiter Ulrich Steuten, ich würde mir wünschen, dass noch mehr Schulen diesem Beispiel folgen würden. Das entlastet auch die Volkshochschule ungemein."

Inzwischen gibt es an der VHS zehn Kurse für die Neu-Einwanderer aus den Kriegs- und Krisengebieten. Das, was die Adolfiner zweimal in der Woche an ihrer Schule veranstalten, ist aber weit mehr als nur ein Sprachkurs. Es ist eher ein Kompaktlehrgang Integration, in dem Sprache im Mittelpunkt steht, aber auch lebenspraktische Orientierungshilfe.

So organisierten Schüler und Lehrer vor Weihnachten ein gemeinsames Plätzchenbacken, in dem es nicht nur um hochkalorische deutsche Weihnachtsbräuche, sondern auch um das Bekanntwerden mit den entsprechenden Begriffen ging. Eine Lehrerin organisierte sogar eigens Buchstaben-Plätzchenformen. Das war wohl eher als Gag gedacht; denn unter den jungen Asylbewerbern bedarf keiner pädagogischer Anschubhilfen: "Höflich, motiviert, ordentlich, fleißig", so lautet das Kurz-Zeugnis eines Lehrers über die Teilnehmer.

Dass zum Teil junge deutsche Mädchen arabische junge Männer unterrichten mussten, sei überhaupt kein Problem gewesen, betont Lehrerin Claudia Landes. "In den Kursen herrscht ein freundschaftlicher Umgangston; da wird viel gelacht." Leicht ist der Unterricht für beide Seiten nicht, zumal das Motto, so Landes, nach dem ersten Kennenlernen auf "möglichst schnell und möglichst viel" umgestellt wurde.

Viele müssen die lateinischen Schriftzeichen erst lernen; andere haben das Schreiben in ihrer Heimat nie gelernt. Zudem bleibt die harte Wirklichkeit nicht vor den Türen des Adolfinums stehen. Die Berichte von der Silvesternacht in Köln haben viele Teilnehmer verstört. Der Iraker Alribaye Quays (23) versteht vor diesem Hintergrund nicht, dass deutsche Behörden bei der Überwachung des Einwandererstroms mehr als fahrlässig sind: "Ich bin seit vier Monaten hier, und mir wurden immer noch keine Fingerabdrücke abgenommen", berichtet er in einem lustigen Gemisch aus Deutsch und Englisch. "Wenn da jemand festgenommen wird, wissen die Behörden doch gar nicht, wen sie vor sich haben."

Alle aber sind dankbar, dass Deutschland ihnen Sicherheit bietet. Reshad Saleh (23) aus Afghanistan fühlt sich in Moers gut aufgenommen: "Egal ob bei der Bank oder bei der Polizei: Wir wurden genauso behandelt wie alle anderen auch."

(RP)
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