Mönchengladbach Zur Zeit von "Bad Odenkirchen"

Mönchengladbach · 1897 wurde im heutigen Stadtpark in Odenkirchen das Badhotel gebaut. Besucher hatten dort die Möglichkeit, dem Alltagsleben zu entfliehen. Doch bereits nach rund 40 Jahren wurde das Hotel wieder abgerissen. Heute erinnert nur noch ein Gedenkstein an die Erholungsstätte.

Ein Badhotel in Odenkirchen? Ja, das gab es einmal. Obwohl es bereits über 100 Jahre her ist. Und zwar war es im so genannten Fin de siècle, der Epoche von etwa 1890 bis 1914, die von Historikern oft auch unter dem Begriff "Dekadentismus" bekannt ist. Dieser Name stammt daher, dass jene Epoche geprägt war von Trauer, Weltschmerz, Aufbruchstimmung aber auch Frivolität und Leichtlebigkeit. Mit letzterer einher ging auch ein Aufschwung der Bäderkultur in ganz Deutschland. Um 1900 gab es im Reich über 300 Kurorte (ohne Seebäder) mit insgesamt etwa 600 000 Gästen pro Jahr. Und so ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass auch Odenkirchen mit der damaligen Mode ging und seinen eigenen Badeort errichtete.

Und das war vor mittlerweile 112 Jahren. Ein paar Jahre zuvor, im Jahr 1882, war die Bade- und Schwimmanstalt zu Odenkirchen eröffnet worden. Das angeschlossene Hotel folgte 1897 durch die Realisierung einiger Odenkirchener Geschäftsleute auf einem fünf Hektar großen Areal. Das Gelände wurde eingerahmt von der Hoemenstraße, Straßburger Allee und der Jülicher Straße bis zur Niers. Zur Verschönerung hatte der Odenkirchener Kunstgärtner Wilhelm Rommerskirchen üppige Grünanlagen angelegt. Die zwei Inseln im Weiher waren zum Plaisir der Gäste ebenfalls gartenbaulich verschönert worden.

Das mit einem großen Kostenaufwand errichtete Badhotel war damals eine Sensation. Nach heutigen Maßstäben würde man das Hotel vermutlich als Clubhotel bezeichnen. Es verfügte neben Hotel, Restaurant, Gartenwirtschaft, Veranda und Tanzsaal mit Bühne auch über schöne Teichanlagen. Auf diesen schaukelten 20 Rudernachen und warteten auf die Besucher. Insgesamt gab es auf der Anlage innen im Hotel und auf den Außenanlagen Platz für rund 2000 von ihnen.

Die Luxus-Herberge stand an der Ecke Straßburger Allee/Hoemenstraße. Die zuvor erwähnte Badeanstalt war das eigentliche Herzstück der Anlage und war an der Straßburger Allee an das Hotel angebaut.

In der Schwimmanstalt waren die Damen- und Herren- Schwimmbassins streng voneinander getrennt. Die Herren hatten ein Becken von 27 mal zehn Meter, Damen durften auf 17 mal zehn Metern ihre Bahnen ziehen.

Das Badhotel hatte zu Zeiten seines Bestehens einen sehr guten Ruf in der ganzen Umgebung. Viele Auswärtige kamen damals in das noch eigenständige Odenkirchen zum baden. Das lag wohl auch an der guten Verkehrsanbindung, denn zur Beförderung der Personen hatte die Hotel-Leitung einen eigenen "Badezug" eingerichtet. Die "Hotel-Direction" pries diese Beförderungsmöglichkeit zur Eröffnung des Hotels in einem eigenen Zeitungsartikel an: "Wir machen noch ganz besonders auf den neu eingelegten Lokal-Zug aufmerksam, welcher 6 Uhr 12 Minuten ab Gladbach und 6 Uhr 50 Minuten ab Odenkirchen fährt, sodaß die geehrten Besucher von Auswärts sehr günstige Gelegenheit haben hin und zurück zu kommen und laden zu recht zahlreichem Besuche ergebenst ein."

Doch ihr schmuckes Badeparadies sollte den Odenkirchenern nicht lange vergönnt bleiben. Aus wirtschaftlichen Gründen — die 1929 einsetzende Wirtschaftskrise hatte Deutschland fest in ihrer Hand — wurde der Hotel- und Badebetrieb eingestellt. In den 1930ern begann der Verfall, bis 1937 mit dem Abbruch begonnen wurde. Bis es soweit war, wurde das Gebäude noch für verschiedene Zwecke genutzt. So gab es in dem Saal des Hotels kurzzeitig eine Sammelstelle für das Winterhilfswerk. Der Odenkirchener Radfahrverein hielt dort außerdem Übungsstunden ab und in dem Hotel wurden Mietwohnungen eingerichtet.

(RP)
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