Mönchengladbach Zivis hinterlassen große Lücke

Mönchengladbach · Die Abschaffung des Zivildienstes kommt die Wohlfahrtsverbände teuer zu stehen: Die Dienstleister stellen derzeit auf kostspielige Arbeitskräfte um. Womöglich müssen sogar Dienstleistungen gestrichen werden.

Die Wohlfahrtsverbände blicken mit Sorge auf den 1. Juli. Dann wird mit der Abschaffung der Wehrpflicht auch der Zivildienst eingestellt. Das bereitet Dienstleistern von Mobilem Sozialen Dienst, Essen auf Rädern und anderen Organisationen erhebliche Sorgen. Noch gibt es keine Informationen, wie der freiwillige Zivildienst funktionieren soll. Den bisherigen Service mit anderen Arbeitnehmern weiterzuführen, wäre erheblich teurer. Und das würde letztlich der Kunde spüren. "Ab Sommer laufen wir in ein heftiges Problem", ahnt Heinz-Herbert Paulus, Geschäftsführer der Gladbacher Diakonie.

Viele Einrichtungen sind gerade dabei, auf andere Arbeitnehmer umzustellen. Die Zahl der besetzten Zivildienstplätze in der Stadt hat sich bereits drastisch reduziert. Nach Angaben des Bundesamtes für Zivildienst sind von 447 Plätzen aktuell 287 belegt – rund ein Drittel ist unbesetzt. Zum Vergleich: Im März 2010 waren noch 346 Stellen besetzt. "Seitdem wir wissen, dass diese Veränderung bevorsteht, planen wir, um die Lücke zu schließen", sagt DRK-Sprecher Carsten Junghans. Aufgaben im Mobilen Sozialen Dienst und bei Essen auf Rädern übernehmen zunehmend geringfügig Beschäftigte. "Wir verlassen uns nicht auf den neuen Freiwilligendienst – wir sind froh, wenn er funktioniert. Aber ob diese Idee Erfolg bringt, lässt sich jetzt noch nicht sagen." Ähnlich sieht das Jürgen Lindenlauf, Dienststellenleiter bei den Maltesern. Bisher gebe es keine Interessenten für den Freiwilligendienst, und auch Finanzierung und Organisation seien noch völlig unklar. "Ich habe noch nicht mal ein Einberufungsformular gesehen", sagt Kai Nieveler von der AFbJ.

Fest steht aber: Der Wegfall der Zivis kommt die Einrichtungen teuer zu stehen. Ein Zivi arbeitet 39 Stunden in der Woche, das kostet den Träger etwa 400 Euro (ein Drittel des Solds von insgesamt 600 Euro übernimmt der Bund). Ein geringfügig Beschäftigter arbeitet 12,5 Stunden pro Woche, inklusive Sozialabgaben kostet das die Einrichtung etwa 520 Euro. Auch junge Menschen, die ein Freiwilliges Soziales Jahr ableisten, sind deutlich teurer als Zivildienstleistende. Die Folge: Dienstleistungen würden teurer. Oder sie fallen ganz weg, wie Heinz-Herbert Paulus spekuliert.

Einzig die Sozial Holding mit 50 Zivis macht sich keine Sorgen: "Zivis waren immer nur zusätzlich eingesetzt. Das fangen wir über das Freiwillige Soziale Jahr auf", sagt Helmut Wallrafen-Dreisow.

(RP)
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