Mönchengladbach Zeitzeugen erinnern sich an das Kriegsende

Mönchengladbach · Es gibt Ereignisse, bei denen im Nachhinein jeder sagen kann, wo er sich gerade befand, als es geschah. Der Fall der Berliner Mauer ist so ein Ereignis und in noch viel stärkerem Maße das Ende des Zweiten Weltkriegs, die bedingungslose Kapitulation des Deutschen Reiches am 8. Mai 1945. In der Rheydter Hauptkirche haben sich am Jahrestag des Kriegsendes neun Zeitzeugen eingefunden, um von ihren Erfahrungen, Gedanken und Gefühlen an diesem Tag zu berichten. Umrahmt wurde die Veranstaltung, durch die Pfarrer Olaf Nöller und Martina Wasserloos-Strunk führten, von Musik und Lesungen aus Richard von Weizäckers berühmter Rede.

Die Zeitzeugen, die zu Kriegsende zwischen neun und 25 Jahren alt waren, erzählten von Krieg, Flucht und Kriegsende. Sie waren 1945 über ganz Deutschland verteilt. Hanna Bresges berichtete, dass sie in der Nähe von Magdeburg war, wohin sie mit ihrer Familie evakuiert worden war. Die Evakuierten waren nicht gerade mit offenen Armen aufgenommen worden. "Ich werde nie vergessen, wie es ist, wenn man nicht willkommen ist", sagte die heute 84-Jährige. "Deshalb finde ich es schrecklich, wenn heute gegen Fremde demonstriert wird."

Auch Guido van der Cruyssen war evakuiert worden. Ihn und seine Familie hatte es in den Westerwald verschlagen, von wo aus er loszog, um festzustellen, ob die Familie nach Rheydt zurückkehren konnte. "Nachdem die Amerikaner durch das Dorf gezogen waren, war für uns der Krieg zu Ende", sagte er. Der damals 20-Jährige machte sich nach Rheydt auf. "Es war kaum noch ein Mensch da", sagt er. Er fand die Ruine des Hauses an der Brucknerallee und stellte fest, dass nur noch das Souterrain bewohnbar war.

Gerda Gronau war bei Kriegsende auf dem Weg von Hannover, wo sie in der Luftraumüberwachung eingesetzt war, ins heimische Frankfurt. "Ich war mit einer Freundin unterwegs, und wir hatten einen Kinderwagen dabei, in dem wir unsere Habseligkeiten transportierten", erzählte sie. Ein schwarzer Soldat der US-Armee habe ihnen ein großes Weißbrot geschenkt. Furchtbares hat Heinz-Wolfgang Mika in Niederschlesien erlebt. "Bis dahin hatten wir vom Krieg nicht viel mitbekommen", berichtete er. "Dann rückten die Russen ein, hausten wie die Berserker, erschlugen Kinder und vergewaltigten die Frauen."

Auf die Frage, ob sie geahnt habe, wie groß das Ausmaß der nationalsozialistischen Verbrechen war, sagte Eva Ullmann, Pfarrerin i.R.: "Menschen verschwanden wie das jüdische Mädchen in der Nachbarschaft. Ich fragte nicht nach. Ich war sicher nur ein Sandkorn, aber ich war kein Sand im Getriebe."

(arie)
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