Mönchengladbach Witwenmord: Wirbel um V-Mann

Mönchengladbach · Der Besitzer eines Gladbacher Bordells und sein Angestellter sollen die wohlhabende Rentnerin Beate S. getötet haben. Beim Prozessauftakt in Krefeld kam nun die Frage auf: Hat die Polizei Beweismittel unrechtmäßig beschafft?

 Wurde ermordet: Beate S.

Wurde ermordet: Beate S.

Foto: Polizei

Es war ein spektakulärer Mordfall, eine spektakuläre Festnahme — und nun droht es eine ebenso spektakuläre Gerichtsverhandlung zu werden: In Krefeld hat am Dienstag der Prozess im Mordfall Beate S. begonnen. Die wohlhabende 75-Jährige war im März in ihrer Krefelder Wohnung erdrosselt worden.

Der Mord hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt, unter anderem mussten in der Folge 1500 Krefelder eine Speichelprobe abgeben. Anfangs glaubten die Ermittler noch an einen Raubmord, bis sich Wochen später die Erkenntnis verdichtete: Es muss sich um einen Auftragsmord gehandelt haben.

Ende Mai stürmte dann ein Spezialeinsatzkommando der Polizei ein Bordell an der Neusser Straße in Mönchengladbach. Unter den Festgenommenen: der 43-jährige Betreiber Stefan K. und seine Ehefrau Birgit aus Wegberg, die sich um die Seniorin gekümmert hatten, sowie der 29-jährige bulgarische Zuhälter Hristo M. aus Mönchengladbach, der den Auftragsmord begangen haben soll.

Beim gestrigen Prozessauftakt nun die Überraschung: Die Krefelder Polizei hat bei der Ermittlung der mutmaßlichen Täter womöglich Aussagen beschafft, die vor Gericht nicht verwendet werden dürfen. Der Hauptangeklagte Stefan K. gab an, bei seiner sechsstündigen Vernehmung nur deshalb ausgesagt zu haben, weil die Polizei seine Familie mit einem "V-Mann aus dem Rockermilieu" unter Druck gesetzt habe. Die Polizei bestätigt in den Gerichtsakten bisher nur, dass verdeckte Ermittler eingesetzt wurden. Morgen soll der Krefelder Hauptkommissar Gerd Hoppmann die Ermittlungsansätze schildern.

Aus Sicht des Krefelder Anwalts Stefan Tierel, Verteidiger von Stefan K., dürfen die Einlassungen seines Mandanten nicht verwendet werden. Er spricht von "rechtsstaatlicher Täuschung". Die Polizei habe "eine Bedrohungssituation aufgebaut"; sie habe kurz vor der Festnahme des Ehepaares einen V-Mann auf Birgit K. angesetzt und auch den elfjährigen Sohn beschatten lassen.

Der staatliche V-Mann habe Birgit K. gesagt, dass er alle Hintergründe des Mordes kenne. Die Ehefrau soll deshalb in Panik ihren Mann angerufen haben. Diese Gespräche zeichnete die Polizei auf; sie sollen den Beweis für die Täterschaft aller Angeklagten liefern. DVDs mit diesem Material liegen dem Gericht vor. Anwalt Tierel betonte: "Mein Mandant hat niemals zugegeben, dass er den Mord in Auftrag gab."

Alle vier Angeklagten — zu ihren gehört noch Hristo M.s Cousin Hristo L. (20) — sitzen in unterschiedlichen Gefängnissen in der Region. Alle sahen sich gestern erstmals wieder. "Mord aus Habgier", lautete die Anklage.

er mutmaßliche Auftraggeber K. zeigte kaum eine Regung, schloss immer wieder die Augen, lächelte angestrengt. Mehrfach soll er schon im Januar zu seiner Frau gesagt haben, dass er Beate S. umbringen will. Er kannte Beate S., weil sie mit seinem verstorbenen Vater eine Beziehung hatte. Nach dem Tod des Vaters kümmerten sich der IT-Manager und seine Ehefrau (Industriekauffrau) um die Seniorin. Beate S. wurde offenbar ermordet, weil sie mit Birgit K. Stefan K. zum Verkauf eines Bordells drängte.

Birgit K. brach gestern mehrfach in Tränen aus. Sie gab an, vorher nichts von der Tat gewusst zu haben. Als sie Details erfuhr, habe sie der Polizei nichts gesagt, um den Familienfrieden nicht zu gefährden: "Ich habe nur noch funktioniert." Der Sohn des wohlhabenden Ehepaars K. wird mittlerweile vom Jugendamt betreut. Als Mitwisserin verdächtig macht sich Birgit K., weil sie einen Teil des Geldes für den mutmaßlichen Auftragkiller abhob. Hristo M. soll für den Mord eine Summe in Höhe von 23 000 Euro erhalten haben.

Der mutmaßliche Mörder schwieg am Dienstag weitestgehend, unterhielt sich aber immer wieder — teilweise lächelnd — mit seinem Cousin. Beide arbeiteten in Stefan K.'s Bordell. Ende Februar 2011 soll K. den Killer beauftragt haben.

Wochenlang konnte der Bulgare die Tat offenbar geheim halten, verriet sich dann dadurch, dass er das am Tatort gestohlene goldene Motorola-Handy von Beate S. anschaltete; die Polizei spürte ihn dadurch auf und erkannte erst da, dass der Besitzer des Bordells, in dem sich Hristo M. aufhielt, Stefan K. ist.

(RP)
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