Mönchengladbach Wirtschaft braucht 165 Hektar bis 2030

Mönchengladbach · Mehr Beschäftigte, Neuansiedlungen, ein steigender Anteil an Hochqualifizierten: Der Wirtschaftsstandort macht sich. Doch damit das so bleiben kann, sind weitere Gewerbeflächen nötig. Welche Branchen wie viele Hektar benötigen, zeigt ein neues Gutachten.

 Das bestehende Gewerbegebiet Mackenstein wird künftig nach Süden in Richtung Hardt, Windräder und Autobahn 52 verlängert

Das bestehende Gewerbegebiet Mackenstein wird künftig nach Süden in Richtung Hardt, Windräder und Autobahn 52 verlängert

Foto: HANS-PETER REICHARTZ

Auch wenn Gladbach und Viersen es mit ihrem künftigen Gewerbegebiet zwischen Mackenstein und A 52 in den Entwurf des neuen Regionalplans geschafft haben: Die Stadt braucht zusätzliche Gewerbeflächen, um ihre positive wirtschaftliche Entwicklung aufrecht zu erhalten. Das hat sie nun Schwarz auf weiß - und auf den Hektar genau prognostiziert. Rund 165 Hektar müssen bis 2030 demnach neu ausgewiesen werden. Das besagt das gestern vorgelegte Gutachten des Hamburger Beratungsinstituts Georg Consulting. "Wir brauchen Argumente, um unsere Trümpfe gut auszuspielen, wenn im September das Beteiligungsverfahren am neuen Gebietsentwicklungsplan beginnt", sagt Dr. Dieter Porschen, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein. "Und die liefert uns dieses Gutachten."

IHK, Wirtschaftsförderung (WFMG) und Entwicklungsgesellschaft (EWMG) hatten es in Auftrag gegeben. Erfüllen sollte es gleich zwei Aufgaben: zum einen einen unvoreingenommenen, externen Expertenblick auf den Wirtschaftsstandort liefern. Und zum anderen eine quantitative Prognose bezüglich der Gewerbeflächen bieten, die Gladbach bis 2030 zusätzlich benötigt, um sich weiter gut entwickeln zu können. Der zweite Teil bestätigt letztlich das, was die WFMG seit Jahren postuliert, unterfüttert es wissenschaftlich mit Fakten. Interessanter ist der erste Teil - denn er fördert Tatsachen zutage, die selbst Porschen überraschten.

ENTWICKLUNG Immer wieder landet Gladbach in Rankings auf hinteren Plätzen - weil diese den Ist-Zustand abbilden. Das Georg-Gutachten hingegen zeigt Entwicklungen. Ein Beispiel: Der Anteil der Hochqualifizierten unter allen Beschäftigten am Arbeitsort Gladbach lag 2011 bei 8,4 Prozent - deutlich unter dem NRW-Schnitt von 10,4 Prozent. Ein hinterer Platz im Ranking. Georg jedoch zeigt: Von 2000 bis 2011 ist eben jener Anteil um 42,4 Prozent gestiegen - steiler als in Düsseldorf oder Köln. Die Entwicklung also ist ebenso positiv wie dynamisch. Das gilt im gleichen Maße für die Beschäftigtenzahl: Während die Arbeitslosenquote nach wie vor hoch ist, steigt sie seit Jahren. "Das sind sehr eindrucksvolle Zahlen", so Achim Georg, Inhaber von Georg Consulting.

WIRTSCHAFTSSTANDORT Georg zeigt auf, dass das verarbeitende Gewerbe mit 16 000 Arbeitsplätzen noch immer das wichtigste in Gladbach ist - auch wenn hier seit 2008 1600 Stellen verlorengingen, die meisten im Maschinenbau. Dank Baugewerbe, Logistik und Dienstleistung konnte dies mehr als kompensiert werden. Dennoch: Die Bruttowertschöpfung in der Industrie ist in Gladbach höher als in allen anderen Branchen, zog zwischen 2000 und 2011 um 30 Prozent an. Heißt: Der Wirtschaftskrise begegnete die hiesige Industrie mit einer Erhöhung der Produktivität. "Mönchengladbach tut gut daran, um jeden industriellen Arbeitsplatz zu kämpfen", folgert Achim Georg.

GEWERBEFLÄCHENBEDARF Seit 2000 steigt er im Mittel kontinuierlich an. "Das Interesse am Wirtschaftsstandort Mönchengladbach wächst zunehmend", sagt Georg, der gleichzeitig mit der Mär aufräumt, die WFMG kümmere sich nicht ausreichend um ortsansässige Unternehmen. Expansionen und innerstädtische Verlagerungen, hat er herausgearbeitet, machen 75 Prozent aller Verkaufsfälle und 42 Prozent des Flächenumsatzes bei den Grundstücksverkäufen aus. Neuansiedlungen - in erster Linie die bekannten Logistiker - schlagen hingegen nur mit zwölf Prozent der Verkaufsfälle, aber mit 54,5 Prozent des Flächenumsatzes zu Buche. Das Gutachten folgert aus all diesen Grunddaten: 105 Hektar werden bis 2030 für neue Logistik benötigt, 30 für Produktion, zehn für Handwerk und Kleingewerbe, 20 für Dienstleistung und Handel - insgesamt besagte 165 Hektar (brutto 205), 9,7 Hektar pro Jahr. Dr. Ulrich Schückhaus, Geschäftsführer von WFMG und EWMG, dankt Georg besonders für diese Aufsplittung des Bedarfs nach Typologien: "Das wird für uns ein wichtiges Instrument sein." Derzeit, so Georg, seien faktisch übrigens nur noch 67 Hektar Gewerbefläche verfügbar in der Stadt.

FAZIT Als ausreichenden Dienstleistungsstandort sieht Georg den Nordpark, auch für Handwerk und Kleingewerbe seien genügend Flächen da. Aber: "Rund 80 Prozent der künftigen Nachfrage setzt auf die Nähe zur Autobahn und auf ein störungsfreies Umfeld" - eine Absage an neue Großansiedlungen im innerstädtischen Bereich. Acht potenzielle Standorte - darunter Reme-Gelände, Güdderath-Nord und ein neues interkommunales Gewerbegebiet mit Jüchen im Bereich Sasserath - benennt das Gutachten.

(RP)
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