Mönchengladbach Wir sollen Budes Hofstaat bezahlen

Mönchengladbach · Zu unausgewogen, ohne Konzept und ohne Ziel – der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Hans-Peter Schlegelmilch erklärt, warum die CDU dem Haushaltssanierungsplan nicht zustimmen wird. Und er sagt, wie Düsseldorf Mönchengladbach beim Sparen helfen kann.

 Dr. Hans-Peter Schlegelmilch ist Fraktionsvorsitzender der CDU.

Dr. Hans-Peter Schlegelmilch ist Fraktionsvorsitzender der CDU.

Foto: Raupold

Zu unausgewogen, ohne Konzept und ohne Ziel — der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Hans-Peter Schlegelmilch erklärt, warum die CDU dem Haushaltssanierungsplan nicht zustimmen wird. Und er sagt, wie Düsseldorf Mönchengladbach beim Sparen helfen kann.

Herr Schlegelmilch, die Ampel-Fraktionen beraten das ganze Wochenende über den Haushaltssanierungsplan. Die CDU hat dafür am Freitag nur ein paar Stunden gebraucht. Warum?

Dr. Hans-Peter Schlegelmilch Erstens dauert es leider nicht länger, alle wesentlichen Dinge dieses angeblichen Sparpakets zu besprechen. Und zweitens ist sich unsere Fraktion in ihrer Einschätzung absolut einig — vermutlich anders als SPD, FDP und Grünen.

Und wie ist diese Einschätzung?

Schlegelmilch Dieser Versuch — von Konzept will ich da lieber bewusst nicht reden — ist gründlich schief gegangen. 80 Prozent der Lasten sollen die Bürger tragen. Gleichzeitig wird die Leistung, für die der Bürger bezahlt, deutlich schlechter. Im Prinzip sagt der Oberbürgermeister: Liebe Bürger, ich greife Euch jetzt ganz tief in die Tasche, damit mein Hofstaat und ich weiter bezahlbar sind.

Aber ist nicht klar, dass bei der Höhe der Verschuldung und dieser auf lange Sicht einmaligen Chance, zu einem Haushaltsausgleich zu kommen, auch der Bürger etwas beisteuern muss?

Schlegelmich Selbstverständlich, und ich bin davon überzeugt, dass sehr viele Bürger dazu auch bereit sind. Aber eben nur, wenn klar ist, dass alle und wirklich alle anderen Möglichkeiten sorgsam geprüft, abgewogen und gegebenenfalls aus nachvollziehbaren Gründen verworfen wurden. Ich hätte erwartet, dass der Oberbürgermeister genau das bei der Einbringung des Plans in der Ratssitzung darstellt. Das hat er aber nicht, vor allem deshalb, weil die meisten substantiellen Vorschläge nicht einmal in Erwägung gezogen worden sind. Stattdessen haben wir da mit Emotionslosigkeit zum Teil abenteuerliche Einschätzungen vorgetragen bekommen.

Was meinen Sie zum Beispiel?

Schlegelmilch Bei der Anhebung der Gewerbesteuer erklärt uns der Kämmerer, in anderen Kommunen, die Geld aus dem Stärkungspakt bekommen, sei die Steuer doch noch höher. Das ist ein unglaublich weltfremdes Argument. Glaubt er denn ernsthaft, ein Unternehmen wägt ab, ob es seinen Sitz in Mönchengladbach oder Oberhausen hat? Unsere Konkurrenten sind selbstverständlich unsere direkten Nachbarn, also zum Beispiel der Kreis Viersen, der Kreis Heinsberg, meinetwegen auch noch Krefeld. Und die liegen mit ihren Sätzen alle erheblich unter dem, was der Oberbürgermeister dem Rat für Mönchengladbach empfiehlt.

Was schlägt die CDU denn als Sparmaßnahme vor?

Schlegelmilch Die Stadt ist ein Konzern — und sollte endlich auch anfangen, so zu handeln. Ein Konzern in derartiger Schieflage würde überlegen: Wie kann ich Kosten senken, in dem ich mich mit anderen zusammenschließe. Das ist die interkommunale Zusammenarbeit, die wir seit Jahren fordern.

Glauben Sie, dass sich damit wirklich große Beträge einsparen lassen?

Schlegelmilch Ich bin davon überzeugt. Und noch mehr: Vor allem lässt sich damit sparen, ohne gleichzeitig den Bürger noch deutlich weniger zu bieten als vorher.

Machen Sie das doch mal an einem Beispiel deutlich.

Schlegelmilch Das kann man an ganz vielen Beispielen durchdeklinieren, eigentlich an allen Leistungen der Verwaltung. Nehmen Sie die Stadtbücherei. Kann man die Gladbacher Bücherei nicht als Satellit der Düsseldorfer betreiben? Das spart Kosten und macht das Angebot mit Sicherheit nicht schlechter. Ich erwarte von der Verwaltung, dass solche Dinge mal gerechnet werden, ehe ich einfach Steuern bis zum Anschlag erhöhe. Nehmen Sie die Wirtschaftsförderung. Warum unterzeichnen wir nicht ein Abkommen mit Düsseldorf. Wenn die Düsseldorfer Unternehmen abweisen müssen, weil ihnen die entsprechende Fläche fehlt, verweisen sie sie nach Mönchengladbach weiter.

Warum sollten die das tun?

Schlegelmilch Zum Beispiel, weil sie eine Provision dafür bekommen, wenn es tatsächlich zum Abschluss kommt. Deals müssen natürlich immer beiden Seiten etwas bringen. Und da die Düsseldorfer auch längst kein Abonnement mehr auf einen ausgeglichenen Haushalt haben, sind die potenziell an zusätzlichen Einnahmen, die praktisch keine Kosten verursachen, sehr interessiert.

Wie weit kann die Zusammenarbeit von Städten gehen?

Schlegelmilch Wie bei Unternehmen — also bis zur Fusion. Sicher nicht heute und nicht morgen. Aber bitte: Ich muss so etwas doch mal ohne Scheuklappen als Modell rechnen. Was bringt mir die Zusammenarbeit mit anderen Städten in unterschiedlichen Graden der Kooperation. Wenn ich entsprechende Zahlen habe, habe ich auch viel mehr Handlungsoptionen. Und dass die fehlen, wird sich möglicherweise schon bald auf fatale Weise rächen.

Wie meinen Sie das?

Schlegelmlich Der Haushaltssanierungsplan geht aus meiner Sicht von sehr optimistischen Annahmen aus, und zwar auf allen relevanten Feldern. Geht es der heimischen Wirtschaft demnächst schlechter, wofür es schon jetzt Anzeichen gibt, steigen die Sozialausgaben oder die Zinsen, was jederzeit passieren kann und worauf wir keinerlei Einfluss haben, muss die Stadt ihren Haushaltssicherungsplan korrigieren. Und jetzt wissen wir ja, was der Oberbürgermeister dann für die einzige Option hält: den Bürger einfach noch mehr zu schröpfen.

Was ist, wenn sich SPD, Grüne und FDP bei ihren Beratungen des Haushaltssicherungsplans nicht einigen können?

Schlegelmilch Es ist nicht meine Aufgabe zu spekulieren, was die Kollegen aus anderen Parteien tun oder lassen. Aber ich bin schon gespannt, wer am Ende den größeren Einfluss auf die SPD nimmt: die FDP oder die Grünen. Die finanzpolitischen Ansätze dieser beiden Parteien liegen ja in der Tat weit auseinander.

Und wenn die Ampel keine eigene Mehrheit zustande bekommt?

Schlegelmilch Dann muss der Oberbürgermeister nacharbeiten. Dazu würde er ja eine Frist eingeräumt bekommen.

Das heißt konkret: Die CDU wird dem Haushaltssicherungsplan am 27. September im Rat nicht zustimmen?

Schlegelmilch Ja. Dieses Papier ist für uns in dieser Form nicht tragbar.

Ralf Jüngermann führte das Gespräch.

(RP/ac)
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