Serie Denkanstoss Wir haben doch nichts gewusst . . .

Mönchengladbach · Am Freitag erhielt mit Dunya Hayali eine Frau den Benediktpreis von Mönchengladbach, der das Kuratorium des Preises einen großen Mut bescheinigt, wenn es darum gehe, mutig zu seinen Überzeugungen zu stehen und auch nach öffentlichen Schmähungen nicht davon abzuweichen. Die Redner während des Festaktes zitierten in ihren Beiträgen hier und da einige der unsäglichen Beleidigungen, die Hayali zu ertragen hatte - es gebe Unmengen mehr davon in einer Heftigkeit, die man einfach nur noch kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen müsse.

Am Freitag erhielt mit Dunja Hayali eine Frau den Benediktpreis von Mönchengladbach, der das Kuratorium des Preises einen großen Mut bescheinigt, wenn es darum gehe, mutig zu seinen Überzeugungen zu stehen und auch nach öffentlichen Schmähungen nicht davon abzuweichen. Die Redner während des Festaktes zitierten in ihren Beiträgen hier und da einige der unsäglichen Beleidigungen, die Hayali zu ertragen hatte - es gebe Unmengen mehr davon in einer Heftigkeit, die man einfach nur noch kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen müsse.

Nutzten die meisten Menschen mit dem Schmutz, den sie über die Benediktpreisträgerin meinen ausschütten zu müssen, in der Frühphase noch die Anonymität des Internets, habe sich das Bild mittlerweile vielfach gewandelt. Offen, oft mit Namens- und Wohnortnennung machten sich diese Zeitgenossen Luft. Fassungslos nahm das zahlreiche Publikum diese Schilderungen zur Kenntnis. Gleichzeitig ließ sich beobachten, dass viele Gäste mit Fragezeichen im Gesicht da saßen wie: Was ist da in unserer Gesellschaft, auch in Mönchengladbach, passiert?

Szenenwechsel: Eine andere Preisverleihung, die in diesen Tagen Schlagzeilen machte. Die Verleihung des "Echo". Zwei Preisträger gefielen sich gar darin, ihre unsäglichen Texte auch noch einem Millionen-Publikum zu präsentieren. Die Texte: frauenfeindlich, gewaltverherrlichend, menschenverachtend, dazu noch antisemitisch. Eigentlich Beschäftigungsmaterial für eine ganze Armee von Staatsanwälten, zumal hunderttausendfach auf unzählige Mobiltelefone heruntergeladen und täglich immer wieder vor allem von Jugendlichen gehört und verehrt. Was die Verkaufszahlen angeht, waren die beiden Rapper durchaus auszeichnungswürdig. Und niemand stellte je die Frage: Was passiert denn da? Was hat das für eine Wirkung? Was macht das mit jungen Menschen?

In Folge des "Echo"-Skandals gaben viele frühere Preisträger ihre Preise aus Protest wieder zurück. Und nicht wenige gaben gleichzeitig auch ein Versäumnis zur Kenntnis, das mich erschrocken bis entsetzt hat: Wir haben diese Texte nicht gekannt . . . Obwohl zu den meistverkauftesten "Musikstücken" gehörend. Was geht da in unserer Gesellschaft vor? Denn: Solche Texte werden ja nicht nur von diesen beiden jetzt Ausgezeichneten verfasst. Und das geschieht auch nicht in dunklen Kellern irgendwelcher Hinterhofhäuser. Diese Leute füllen riesige Säle und Arenen. Und keiner der Verantwortlichen in unserem Land will sie bislang gekannt haben? Ich will es nicht beschwören - dennoch: Ich kann mich an solche Aussagen in Zusammenhang mit der jüngeren Geschichte unseres Landes auch erinnern: Wir haben nichts gewusst . . .

Es ist an der Zeit, Augen und Ohren aufzumachen und zu handeln.

(RP)
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