Mönchengladbach Wieder alles in den Griff bekommen

Mönchengladbach · Stefan Schmitt ist zertifizierter Handtherapeut. In seiner Praxis wird das zentrale Greif- und Tastorgan des Menschen trainiert. Unter anderem nach Operationen geht es oft darum, die Hand wieder beweglicher zu machen.

 Stefan Schmitt zeigt sein Einsatzfeld am Modell einer Hand.

Stefan Schmitt zeigt sein Einsatzfeld am Modell einer Hand.

Foto: Rietdorf

Stefan Schmitt hat Hände in allen Variationen: aus Holz, aus Plastik, als Radiergummi oder als Knochen-Modell. "Hände sind immer schön. Ich finde sie faszinierend", sagt er. Das ist auch gut so, denn Stefan Schmitt beschäftigt sich tagtäglich mit Händen. Mit denen seiner Patienten nämlich. Er ist Handtherapeut. In seine Praxis kommen Patienten aus der gesamten Region zwischen Duisburg, Düsseldorf und Erkelenz, denn auf Handtherapie spezialisierte Therapeuten gibt es wenige, zu wenige.

 Hände - um die kümmert sich Handtherapeut Stefan Schmitt mit seinem Team.

Hände - um die kümmert sich Handtherapeut Stefan Schmitt mit seinem Team.

Foto: DragonImages

Die menschliche Hand ist ein sehr komplexes Organ. Ein Organ, auf das wir ständig angewiesen sind, wie jeder weiß, der sich auch nur einmal in den Finger geschnitten hat und dann versucht hat, ihn zu schonen. Wir brauchen die Hände von morgens bis abends - zum Handeln. Es gibt unterschiedliche Gründe, warum die Hände nicht tun, was sie sollen: Ein Schlaganfall schränkt die Motorik ein, Rheuma lässt die Gelenke anschwellen und schmerzen. Bei einem Unfall werden Sehnen durchtrennt. Finger müssen amputiert werden oder ein Bruch macht eine OP notwendig.

Diese und viele andere mögliche Ereignisse führen dazu, dass Patienten einen Handtherapeuten brauchen, der hilft, die Beweglichkeit der Hände wieder herzustellen. Ein einfacher Fall: Eine Sehne der Hand wurde bei einem Unfall durchtrennt. "Das kommt gehäuft nach Silvester oder Karneval vor", sagt Schmitt. Dann nämlich, wenn Menschen auf Glasscherben stürzen. Auch Arbeitsunfälle oder Haushaltsunfälle kommen natürlich als Gründe in Frage.

Nach der OP durch einen Handchirurgen kommt der Patient zum Handtherapeuten, der erst einmal eine Schiene anfertigt. "Die Gelenke sollen dann in Beugestellung bleiben", erklärt Schmitt. Zehnmal in der Stunde aber soll der Patient die Finger strecken. "Dabei ist die Therapie einfach, wir leiten nur an", erklärt der Handtherapeut. Zweimal pro Woche kommt der Patient in die Praxis, trainieren muss er zwischendurch zu Hause. Im Idealfall ist nach neun bis zwölf Wochen alles vergessen, die Hand funktioniert wieder wie gewohnt. "Die Nachbehandlung ist immer extrem wichtig, sonst ist die ganze Operation umsonst", weiß Schmitt. Der häufigste Fehler sei die Ruhigstellung der Hand. Dann verfestigen sich die Strukturen, die Hände oder Finger werden steif.

In anderen Fällen kann die Beweglichkeit zwar nicht hundertprozentig wieder hergestellt werden, der Verschleiß kann aber verlangsamt werden. Bei Rheumapatienten zum Beispiel. "Die Gelenke werden von Jahr zu Jahr schlechter", sagt der Handtherapeut, "aber wenn man die Belastung minimiert, lässt sich diese Entwicklung verzögern."

Wichtig ist für den Therapeuten stets, den Patienten entsprechend zu motivieren. "Wir überlegen gemeinsam, welche Handlung für ihn am wichtigsten ist, welche er zuerst wieder erlangen möchte", erklärt Stefan Schmitt. Zum Beispiel die Zähne putzen oder sich die Socken anziehen. Oder Golf spielen. Darauf wird dann gezielt hingearbeitet. "Für jeden einzelnen muss der richtige Weg gefunden werden", sagt der Therapeut. Eine Patientin, die über Schmerzen beim Kohlrabi schneiden klagt, lässt er schon mal das Messer mitbringen, mit dem sie arbeitet. Für den Kohlrabi sorgt er. "Dann kann sie mir die Bewegung zeigen, bei der sie Schmerzen hat", sagt er.

Dreizehn Therapeuten arbeiten in Stefan Schmitts Praxis an der Rathenaustraße. Jeder hat noch ein eigenes Spezialgebiet, Rheumapatienten etwa oder Kinder, deren Feinmotorik gestört ist. In ganz Deutschland gibt es nur rund 80 Praxen für Handtherapie. "Der Bedarf ist viel größer", meint Stefan Schmitt. Aber es gibt nicht genug zertifizierte Handtherapeuten. "Wir brauchen mehr Nachwuchs", stellt er fest.

(RP)
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