Mönchengladbach Wie Wohnungslose zum Arzt kommen

Mönchengladbach · Rund 800 Männer und Frauen melden sich pro Jahr bei der Beratungsstelle für Wohnungslose der Diakonie. Der Fachbereich bietet auch Krankendienste an, nun mit neuem Fahrzeug. Das finanzierte die Stadtsparkasse aus den Zweckerträgen des PS-Sparens.

Das Gehen fällt Helmut Freisinger schwer, schnell bekommt der 59-Jährige Atemnot. Regelmäßig muss er zum Arzt oder ins Krankenhaus, "mindestens zweimal im Monat", erzählt er. Busfahrten sind Freisinger zu anstrengend, deshalb ist er für die Hilfe des Diakonischen Werkes dankbar: Wenn er zum Arzt muss, fährt ihn ein Mitarbeiter der Krankenpflege des Fachbereichs Wohnungslose — und zwar ab sofort in einem neuen weißen Transporter.

10 000 Euro spendete die Stadtsparkasse jetzt aus den Zweckerträgen des PS-Sparens an das Diakonische Werk, so dass der Fachbereich Wohnungslose den Fiat kaufen konnte. "Man kann bedeutend besser ein- und aussteigen als bei dem alten Bus", findet Helmut Freisinger, der bei weitem nicht der einzige Kunde der Krankenpflege ist. Und auch die Beratungsstellen für Wohnungslose haben viel zu tun.

Zwei Jahre auf der Straße

"Ich bin fast jeden Tag mit dem Auto unterwegs", sagt Krankenschwester Marlene Beckmann. Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Kranke versorgt sie medizinisch oder fährt sie zum Arzt. Die 27 Mitarbeiter des Fachbereichs kümmern sich aber auch um ehemalige Wohnungslose wie Helmut Freisinger.

Zwei Jahre lebte er auf der Straße, das war Anfang der 90er Jahre. Mittlerweile hat Freisinger unbefristet einen Platz in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft des Diakonischen Werkes. Lange habe er nicht darauf warten müssen, sagt Freisinger.

Wer sein Dach über dem Kopf verloren hat und sich an das Diakonische Werk wendet, findet in der Regel nach zwei bis fünf Monaten eine neue Wohnung. Manchmal passiere das auch schon nach zwei bis drei Wochen, manchmal erst nach Jahren, weiß Sozialarbeiter Stefan Rolfes von der Beratungsstelle für wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Männer.

2010 meldeten sich dort 524 Männer, 253 Frauen baten in der für sie zuständigen Beratungsstelle um Hilfe. In diesem Jahr sehen die Zahlen ähnlich aus: Bis Ende September 2011 meldeten sich 417 Männer und 210 Frauen. In den vergangenen zehn Jahren seien die Zahlen immer ähnlich gewesen, sagt Rolfes. Das sei ein konstant hohes Niveau, wertet Brigitte Bloschak, Leiterin des Fachbereichs für Wohnungslose.

"Viele Vermieter zucken zurück"

"Es ist nicht so einfach, in Gladbach kleinen und günstigen Wohnraum zu bekommen", ergänzt sie. Vor allem junge Männer im Alter von 18 bis 25 Jahren haben es schwer. "Da zucken viele Vermieter zurück, weil sie denken: So jung und schon wohnungslos, da kann ja was nicht stimmen", sagt Rolfes. Am leichtesten hätten wohl junge berufstätige Frauen: "Die gelten als ruhiger und verträglicher."

(naf)
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