Mönchengladbach Wenn das Herz versagt

Mönchengladbach · Brigitte Paul hoffte bis zum Schluss auf ein Spenderherz für ihren Ehemann. Sie schildert den langen Leidensweg ihrer großen Liebe bis hin zu seinem Tod. 12 000 Patienten in Deutschland warten auf ein lebensrettendes Organ. Brigitte Paul will die Menschen für das Thema interessieren

Die wichtigsten Fakten zur Organspende
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Foto: dpa, Jan-Peter Kasper

Odenkirchen Brigitte Paul hält ein Foto in ihren Händen: Es zeigt sie und ihren Mann Hans in einem Moment des Glücks und der Zufriedenheit. Doch die gemeinsame Zeit liegt schon mehr als drei Jahre zurück. Heute ist die 61-jährige Rentnerin allein. Ihr Mann ist tot — schwer herzkrank wartete er vergeblich auf ein Spenderherz. Vergangenes Jahr wäre das Ehepaar Paul 40 Jahre verheiratet gewesen. Heute will sie ihre Mitmenschen für das Thema Organspende interessieren. "Solch ein Ausweis ist wichtig für alles, und wenn es nur für die Hornhaut eines Auges ist", betont Brigitte Paul. "Ich fühle mich dazu aufgerufen, den Leuten meine Geschichte zu erzählen", sagt sie weiter. Sie selbst besitzt schon einen Organspendenausweis.

Alles fing ganz harmlos an

Ihr Mann zog sich während der Arbeit auf einem Messebau eine Grippe zu. Viel zu früh ging der Handwerker wieder arbeiten und erkrankte an einer schweren Lungenentzündung, die eine Herzmuskelentzündung nach sich zog. Der erste Besuch bei einem Kardiologen war ernüchternd: Paul sei arbeitsunfähig und solle einen Rentenantrag stellen — ihm drohe der plötzliche Herztod. Doch der Handwerker ging wieder arbeiten.

2003 setze man ihm einen Defibrillator ein. Bis Weihnachten 2006 ging es Hans Paul mehr oder weniger gut. Doch plötzlich bekam er erneut schwer Luft und musste in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Dort sagte man Brigitte Paul, dass ihr Ehemann dringend ein Spenderherz benötige.

In der Aachener Uniklinik wurde Hans Paul schließlich eingehend untersucht. Der Verdacht bestätigte sich auch hier. Doch die Ärzte ließen Brigitte Pauls Mann zu keiner Transplantation zu. Mit 57 Jahren sei der Handwerker für eine Organspende zu alt. Bei einem zweiten Anlauf in einer Klinik in Bad Oyenhausen wurde Paul abermals für eine Herztransplantation abgewiesen. Schließlich wurde das Ehepaar durch die Hilfe ihres Kardiologen in Mönchengladbach an die Medizinische Hochschule Hannover verwiesen. Dort untersuchte man Paul acht Tage von Kopf bis Fuß. Am Ende blieb er neun Monate.

Im August 2007 wurde Hans Paul in einer Notoperation ein Kunstherz eingesetzt. Daraufhin lag er sechs Wochen im Koma. Im Dezember kam er schließlich in die Reha und dann mit einem Kunstherz nach Hause. Von diesem Moment an änderte sich alles für das Ehepaar Paul mit ihren zwei Söhnen. "Es hat lange Jahre nicht so viele Zärtlichkeiten zwischen uns gegeben wie in den anderthalb Jahren in denen mein Mann mit dem Kunstherz lebte", erzählt Brigitte Paul. Anfang des Jahres 2009 ging es ihrem Mann auf einmal wieder schlechter. So kam er nach Hannover zurück. Dort setzte man ihn mit dem Vermerk "hoch dringlich" auf die Transplantationsliste. Wenige Tage nach seinem 60. Geburtstag folgte eine weitere Notoperation. Es kam der Verdacht auf, dass das alte Kunstherz defekt sei — ein Spenderherz war jedoch nach wie vor nicht verfügbar. Die zweite OP überlebte der damals 60-jährige Familienvater dann nicht mehr.

Seitdem sind mehr als drei Jahre vergangen. Trotz ihrer beiden Söhne und den vier Enkelkindern fühlt sich Brigitte Paul einsam. Obwohl ihr Mann keine Organspende erhalten hat, kann sie auf niemanden wütend sein. "Eine Transplantation wäre kein Garant für sein Überleben gewesen." Schweigen kann sie beim Thema Organspende jedoch nicht. "Dafür bewegt mich das alles noch viel zu sehr", sagt sie.

(sibr)
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