Mönchengladbach Weiterbildungsträger definieren sich neu

Mönchengladbach · Die fünf öffentlich geförderten Weiterbildungsträger in der Stadt denken um. Sie vernetzen sich, suchen Möglichkeiten, andere Zielgruppen anzusprechen – und sie betonen immer mehr den Wert des zweckfreien Lernens.

 Eine Mitarbeiterin der Düsseldorfer Messe "Veggie World" zeigt vegetarischen Thunfisch. Der "Veggie-Day" ist ein Beispiel für gemeinsame Projekte der fünf Weiterbildungsträger.

Eine Mitarbeiterin der Düsseldorfer Messe "Veggie World" zeigt vegetarischen Thunfisch. Der "Veggie-Day" ist ein Beispiel für gemeinsame Projekte der fünf Weiterbildungsträger.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Für die Grünen entpuppte sich der Veggie-Day im Bundestagswahlkampf als kommunikativer Rohrkrepierer erster Güte. Für die Mönchengladbacher Weiterbildungseinrichtungen jedoch ist der fleischlose Tag ein spannendes Projekt, das zeigt, wie sich der Bildungsbegriff wandelt.

"Bildung ist ein Begriff, den viele Menschen mit Schule, Anstrengung und Bewertung in Verbindung bringen", erklärt Dr. Thomas Erler, der Leiter der Volkshochschule. "Uns als vom Land geförderte Weiterbildungseinrichtungen ist es wichtig zu zeigen, dass Bildung mehr ist – und dass es Spaß macht, etwas zu lernen." Die Vertreter der fünf Weiterbildungsträger in der Stadt (Arbeiterwohlfahrt, Evangelischer Kirchenkreis Gladbach-Neuss, Familienbildungsstätte, Katholisches Forum und Volkshochschule) treffen sich regelmäßig, um sich abzustimmen, aber auch um gemeinsame Projekte auf den Weg zu bringen – wie beispielsweise eben den Veggie-Day.

"Auch die Förderung des ehrenamtlichen Engagements ist Bildungsarbeit", meint Martina Wasserloos-Strunk, Bildungsreferentin des Evangelischen Kirchenkreises. "Beim Veggie-Day haben wir ein aktuelles Thema vorgegeben, Räume, Material und Unterstützung kostenlos angeboten und den Teilnehmern überlassen, was sie machen wollen." Seit fast einem Jahr trifft sich jetzt eine Gruppe, die an unterschiedlichen Projekten arbeitet. "Wir mussten als Einrichtungen allerdings viel Energie und Moderation einbringen, mehr als wir erwartet haben", sagt Wasserloos-Strunk. "Auch wir haben dazu gelernt."

Auf Dauer soll die Gruppe ohne Unterstützung auskommen. "Wir wollen uns überflüssig machen", sagt Kerstin Rau-Berthold von der Familienbildungsstätte (FBS). Diese hat mit dem Überflüssigwerden schon gute Erfahrungen gemacht. Die sogenannte ZWAR-Gruppe (Zwischen Arbeit und Ruhestand) wurde nach zweijähriger Begleitung in die Selbstständigkeit geführt: Die rund 50 Mitglieder organisieren sich mittlerweile selbst und brauchen keine Hilfe mehr. "Solche kostenlosen Angebote können wir machen, weil wir als gemeinwohlorientierte Einrichtungen vom Land gefördert werden und nicht nur kommerziell denken müssen", sagt VHS-Leiter Thomas Erler.

Vom klassischen Bildungsbegriff bewegen sich die fünf Institutionen weg. Zwar gibt es die gewohnten Excel-, Englisch und Yogakurse immer noch, aber man will verstärkt zu denjenigen durchdringen, die sich nicht so ohne weiteres durch ein eindrucksvolles Portal trauen. Um die "bildungsfernen" Schichten zu erreichen, gehen die Einrichtungen unterschiedliche Wege. Das Katholische Forum ist Partner des Volksvereins und macht dort Bildungsangebote für Langzeitarbeitslose. Familienbildungsstätte und Evangelischer Kirchenkreis verlassen ihre eigenen Räume, um Schwellenängste abzubauen. "Wir haben in Kooperation mit dem Flüchtlingsrat eine Qualifikation für Migranten angeboten und sie in Schloss Rheydt und auch in einer Moschee durchgeführt", sagt die evangelische Bildungsreferentin.

Ein breit angelegter Bildungsbegriff ist allen gemeinsam. "Es geht nicht darum, Bildung abfragbar zu machen und immer Leistung zu bewerten", sagt Franz-Josef Unland, der Leiter des Katholischen Forums, und zitiert einen Hirnforscher, der von "Bulimie-Lernen" spricht, schnell eingetrichtertem Wissen – das in der Prüfung wieder ausgespuckt wird und keine weiteren Spuren hinterlässt. "Menschen lernen ihr Leben lang. Wir wollen ihnen helfen, ihr Potenzial zu entfalten", sagt Unland.

(arie)
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