Mensch Gladbach Was ist am Müllgebührensystem gerecht?

Mönchengladbach · Wir fühlen uns an die 1990er Jahre erinnert, als das Thema Müll zu einem Bürgerbegehren führte. Auch jetzt kochen die Emotionen hoch. Und es gibt viele Meinungen.

Die Ältern werden das Lied vielleicht kennen, das Heinrich Bolten-Baeckers nach der Musik von Paul Lincke getextet hat. Da heißt es im Refrain: "Ja, ja, ja, das ist die Berliner Luft, Luft, Luft - so mit ihrem holden Duft, Duft, Duft - wo nur selten was verpufft, pufft, pufft . . ." Man kann die Berliner Luft sogar in Dosen kaufen. Ich habe mir sagen lassen, dass es Leute gibt, die diese Berliner Dosen-Luft regelmäßig beziehen. Jetzt werden Sie fragen: Was hat die Berliner Luft mit Mönchengladbach zu tun? Ganz einfach: Die Bürger dieser Stadt, jedenfalls viele von ihnen, zahlen künftig auch für Luft. Die aber dann ein Müll-Aroma hat.

Wie das? Das liegt an der neuen Abfallsatzung und der angedachten Gebührenkalkulation. Wenn Sie zu dritt zu Hause sind und ihre Bioabfälle in eine Extra-Tonne tun, macht Ihnen die GEM, die Tochter der Stadttochter Mags, folgende Rechnung auf: Sie müssen ab dem kommenden Jahr 90 Liter Restmüll alle 14 Tage bezahlen, bekommen aber eine 120-Liter-Tonne, und die Gebühr bezieht sich dann auf diese Größe. Können Sie mir folgen? Wenn ja, dann ziehen wir beide diesen Schluss: Sie zahlen für 30 Liter Luft. Das passiert auch Fünf-Personen-Haushalten, die nach der GEM/Mags-Rechnung 150 Liter Restmüll produzieren und eine 120- und eine 60-Liter-Tonne brauchen. Nach Adam Riese sind da auch 30 Liter Luft dabei. Die muss man ebenfalls bezahlen, und das ist ungerecht. Ja, sogar schreiend ungerecht. Und deshalb muss das geändert werden.

Aber was ist bei einem Solidarsystem, wie es eine städtische Müllentsorgung ist, gerecht? Man könnte sagen: Die Bürger entscheiden über die Größe der Restmülltonne, und sie zahlen nur das, was sie an Müll produzieren. Klingt logisch. Aber wer bezahlt dann die Entsorgung des wilden Mülls, von dem in Gladbach exorbitant viel anfällt? Wer übernimmt die Kosten für die Leerung der städtischen Papierkörbe? Wer unterhält die Abfallumladestellen? Wer trägt das Gehalt der GEM-Mitarbeiter? Die Reihe der Fragen lässt sich fortsetzen. Die Antwort ist einfach: Alle Mönchengladbacher. Und zwar mit ihren Müllgebühren. Es gehört zur Transparenz, dass dies den Bürgern erklärt wird. Mit genauen Positionen - von den Gehalts- über die Material- bis zu Entsorgungskosten für Papierkorbmüll.

Am Freitag tagt nun der Mags-Verwaltungsrat. Öffentlich. Er soll in erster Linie über die Einführung einer 35-Liter-Tonne beraten, für die Gladbachs Grüne trommeln und für die mehr als 1800 Bürger sind. Die Ökopartei hat jüngst gefordert, dass GEM/Mags bei der Berechnung des Mülls zum Beispiel 10 statt 15 Liter zugrunde legen könnten und auf das Beispiel Hannover hingewiesen. Stimmt, da ist das so. Aber die Grünen haben - drücken wir es mal so aus - vergessen, darauf hinzuweisen, dass Hannover bei der Gebührenberechnung eine Grundgebühr pro Wohnung erhebt. Und das Entsorgungsunternehmen in Hannover schreibt auf seiner Homepage, dass die Entsorgungsgebühr pro Person und Jahr bei 115,45 Euro im Durchschnitt liegt. Mhhm! Der Gutachter, der die GEM/Mags-Gebühren berechnet hat, schreibt, dass der Ein-Personen-Haushalt in Gladbach (davon soll es 50.000 geben) auf rund 80 Euro jährlich kommt - allerdings bei monatlicher Abfuhr (jetzt 162,51 Euro bei wöchentlicher). Ganz schön vertrackt das Ganze.

Viersen hat eine Müllvolumen-Messung. Wer die Tonne oft raus-stellt und bis zum Anschlag füllt, zahlt viel. Wer das Gegenteil macht, zahlt weniger. Und Viersen hat alle Papiercontainer beseitigt, weil sich hier der wilde Restmüll sammelte. Diesem Beispiel sollte Gladbach folgen. Ein müllfreies Wochenende!

(RP)
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