Mobbing-Vorwürfe in Mönchengladbach Was die Stadt gegen Mobbing unternimmt

Mönchengladbach · Ein anonymes Schreiben bezichtigt einen ranghohen Mitarbeiter der Stadt Mönchengladbach des Mobbings. Die Stadt hat die Vorwürfe geprüft und weist sie nun als haltlos zurück. Ein vielschichtiges Instrumentarium soll Mobbing und sexuelle Belästigung bereits von vornherein unterbinden und, falls es doch dazu kommt, schnell und gründlich aufklären.

Mitte Januar erreichte ein Schreiben die Presse und die Ratsfraktionen in Mönchengladbach. Der Vorwurf, den der anonyme Verfasser darin in den Raum stellte: Ein ranghoher Angestellter der Stadt habe sich in mehreren Fällen des Mobbings schuldig gemacht. Die Stadt prüfte zwei Wochen lang und weist die erhobenen Vorwürfe nun entschieden zurück: "Es liegen weder Anzeigen noch Verdachtsmomente wegen eines Mobbing-Vorfalls vor", sagt Personaldezernent Peter Holzenleuchter. "Demnach sieht die Verwaltung auch keinen Anlass, gegen den Mitarbeiter vorzugehen."

Rachefeldzug oder gekränkte Eitelkeit, subjektives Empfinden oder tatsächliches Mobbing? In einer zunehmend klagefreudigen Gesellschaft erscheinen die Grenzen dessen, was Mobbing und was sexuelle Belästigung ist und was eben nicht, bisweilen fließend. Die aktuelle Diskussion um Rainer Brüderle dient dafür als Paradebeispiel. Die Stadt weist darauf hin, ein vielschichtiges Instrumentarium eingerichtet zu haben, um Mobbing und Belästigung erstens vorzubeugen und zweitens, falls es doch dazu kommen sollte, schnell und gründlich zur Aufklärung zu bringen.

"Mobbing ist nicht nur für die Betroffenen schlecht", sagt Holzenleuchter. "Sondern auch für das Arbeitsklima und die Qualität des Dienstbetriebs." Deswegen gibt es bereits seit dem Jahr 2002 eine Dienstvereinbarung zwischen Verwaltung und Personalrat, die definiert, was Mobbing und was sexuelle Belästigung ist und welche Verfahrensschritte einzuleiten sind. Der schwammige Begriff "Mobbing" wird unter Rückgriff auf den schwedischen Psychiater Heinz Leymann darin genau definiert (siehe Infokasten) und unterteilt. "Einmalige Konflikte und Diskussionen über Arbeitsreserven, wie etwa ,Geht das auch schneller?', sind beispielsweise noch kein Mobbing", sagt der Personaldezernent, der die Fürsorgepflicht für mehr als 3000 städtische Angestellte innehat.

Sehr wohl als Mobbing gelten hingegen Angriffe auf die Möglichkeiten, sich mitzuteilen (ständiges Unterbrechen, Telefonterror, lautes Anschreien, permanentes Kritisieren). Ebenso Angriffe auf soziale Beziehungen (man wird "wie Luft" behandelt, erhält keine dienstlichen Informationen mehr) und die Qualität der Berufs- und Lebenssituation (man erhält sinnlose Aufgaben, wird unter oder über dem eigentlichen Können beschäftigt). Ferner Angriffe auf die Gesundheit (Androhung von Gewalt, Zwang zu gesundheitsschädigenden Arbeiten) und Auswirkungen auf das soziale Ansehen (Schlechtreden hinter dem Rücken, Verbreitung von Gerüchten, Lächerlichmachung).

Fühlt sich ein Stadtmitarbeiter entsprechend dieser Definition gemobbt, ist sein unmittelbarer Vorgesetzter erster Ansprechpartner. Ist derjenige der vermeintlich Mobbende, ist der nächsthöhere Vorgesetzte die Anlaufstelle. Parallel dazu gebe es eine Fülle weiterer Ansprechpartner, sagt Holzenleuchter: den Personalrat, die Gleichstellungsstelle und den Behindertenbeauftragten beispielsweise. "All diese Ansprechpartner sind angehalten, die vorliegenden Konflikte zu lösen", so Holzenleuchter. Eine entsprechende Fortbildung für Führungskräfte durch die Deutsche Gesellschaft für Personalwesen werde jedes Jahr angeboten. Gespräche, Veränderungen der Arbeitsorganisation oder gegebenenfalls auch eine Versetzung können Maßnahmen sein, von strafrechtlichen Ansprüchen mal ganz abgesehen.

"Dabei ist das Vertrauensverhältnis extrem wichtig", sagt Holzenleuchter, der anonymes Anschwärzen für "ganz schlechten Stil" hält. "Wer sich als Mobbing-Opfer fühlt und dies offen kommuniziert, hat unter keinen Umständen irgendwelche Sanktionen zu befürchten." Gelingt es nicht, den Knoten zu lösen, geht der Fall in die nächsthöhere Instanz, zur Schlichtungsstelle. "In einem jährlich tagenden Arbeitskreis unter meinem Vorsitz berichten dann alle Ansprechpartner über die Fälle, die bei ihnen aufgelaufen sind", sagt Holzenleuchter, der seit 2005 Personaldezernent ist. "Notfalls ist es dann Aufgabe dieses Arbeitskreises, eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen." Ergebnis: Hinweise auf Mobbing und Belästigung gab es, wie in wohl jedem Großkonzern, immer mal wieder in den letzten acht Jahren — "aber keinen einzigen berechtigten Fall von Mobbing oder sexueller Belästigung".

Für Holzenleuchter auch ein Resultat der präventiven Maßnahmen — wobei er klarmacht, dass die Verwaltung im Fall des Falles auch nicht dafür zurückschrecken würde, dem nachgewiesen Belästigenden zu kündigen.

(RP/ac)
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