Zweijähriger in Mönchengladbach gestorben Warum Kinder so schnell ertrinken

Mönchengladbach · Das Unglück ereignete sich auf einem Privatgrundstück in Mönchengladbach. Ein knapp zweijähriger Junge fällt in einen Teich und wird später leblos aufgefunden. Kinder würden wegen ihres Körperbaus besonders leicht ertrinken, sagt der Notarzt Christian Wagner.

Todesursache Ertrinken: Aktuelle Zahlen
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Foto: Kloster Arenberg

In einem kurzen unbeaufsichtigten Augenblick ist am Dienstag ein knapp zweijähriger Junge in einen Gartenteich in Mönchengladbach gefallen und ertrunken. Das tragische Unglück ereignete sich am späten Nachmittag auf einem Privatgrundstück, wie die Polizei gestern mitteilte. Gegen 17 Uhr waren Polizei und Rettungskräfte gerufen worden. Als sie am Einsatzort eintrafen, hatten Familienangehörige das leblose Kind bereits aus dem Teich geborgen und versuchten, den Jungen wiederzubeleben.

Das Notarztteam übernahm die Rettungsmaßnahmen und brachte den Jungen in eine Klinik. Auch auf dem Weg dorthin im Krankenwagen wurden die Wiederbelebungsversuche fortgesetzt. Trotz intensiver Reanimationsversuche konnten die Ärzte das Leben des Jungen nicht mehr retten. Er starb im Krankenhaus. Die völlig verzweifelte Familie wurde von Notfallseelsorgern betreut. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen zu den Umständen des tragischen Geschehens aufgenommen. Nach derzeitigem Erkenntnisstand wird von einem Unglücksfall ausgegangen.

Ertrinken bei Kindern zweithäufigste Todesursache

Ertrinken ist bei Kindern im Vorschulalter die zweithäufigste unfallbedingte Todesursache nach Verkehrsunfällen. Jedes Jahr fallen Kinder in Gartenteiche, kleine Bäche und Regentonnen. Wegen ihres verhältnismäßig großen Kopfes können Kleinkinder schon in einer 20 Zentimeter tiefen Pfütze ertrinken. "Diese Gefahr wird oft unterschätzt", sagt der Surheimer Internist und Notarzt Christian Wagner, der jahrelang Gutachten zu ertrunkenen Kindern erstellte. "Es sind Fälle dokumentiert, wo Kinder nur mit der Nase unter Wasser lagen und ertrunken sind."

Ein Problem: Der Kopf von Kleinkindern ist in Relation zu groß für den Körper. Der Schwerpunkt des Körpers liegt bei ihnen nicht auf der Höhe des Nabels, sondern im Brustbereich. Damit fällt ein Kind leichter, wenn es sich nach vorne beugt und hat andererseits Probleme, den Kopf aus dem Wasser zu heben, weil die Nackenmuskulatur untrainiert ist. Dazu kommt, dass kleine Kinder, einmal hingefallen und mit dem Gesicht unter Wasser geraten, laut Bundesarbeitsgemeinschaft "Mehr Sicherheit für Kinder" nicht mehr ihre Beine unter den Körper ziehen und aufstehen, wie Erwachsene es instinktiv tun. So verfallen Kinder in eine Starre mit Atemsperre. Mediziner sprechen auch vom trockenen Ertrinken, weil sich bei der Berührung mit dem kalten Wasser reflexartig der Kehlkopf verschließt. Im Gegensatz zu Erwachsenen gehen Kleinkinder lautlos unter, ohne um sich zu schlagen und dadurch auf sich aufmerksam zu machen.

Für den Arzt Christian Wagner lautet die logische Konsequenz daher, Gartenteiche entweder abzuschaffen oder vernünftig zu sichern. "Wasser übt eine ungeheure Anziehungskraft auf Kinder aus", sagt er. Dem müssten Eltern Rechnung tragen. Wagner spricht aus eigener, leidvoller Erfahrung. Sein vierjähriger Sohn Lennart war nach einem Unfall im Schwimmbad falsch reanimiert worden. Er lag 15 Jahre im Wachkoma, musste rund um die Uhr betreut werden und war kaum ansprechbar. Vor drei Jahren sei der Junge gestorben.

So tragisch es sein mag, sagt der Internist, die Trauerarbeit sei für Eltern besser zu bewältigen als die langjährige Versorgung eines Kindes im Koma. Im Schnitt leben diese Patienten zehn Jahre. Etwa 24 Prozent dieser Beinahe-Ertrinkungsfälle, sagt Wagner, sind nach der Reanimation schwerstbehindert, erblindet oder liegen im Wachkoma. Im Jahr 2012 (für 2013 liegen noch keine Daten vor) sind laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) 18 Mädchen und Jungen bis zum 15. Lebensjahr ertrunken. Neun waren im Vorschulalter, nur drei im Grundschulalter und sechs zwischen elf und 15 Jahren.

(RP)
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