Mönchengladbach Warum der Begriff der "theologischen Revolution" auch heute noch gültig ist
Mönchengladbach · Der Theologe Hans Hermann Henrix referierte auf Einladung der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit über christlich-jüdische Beziehungen.
Lange Zeit standen die Kirchen dem Judentum feindselig gegenüber. Grundverschieden ist zum Beispiel das Verständnis von Jesus, der im Judentum nicht als Gottes Sohn und Messias gilt. Eine wichtige Wende in den Beziehungen markierte die Konzilserklärung "Nostra Aetate" (In unserer Zeit) des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen vom 28. Oktober 1965. Zum 50-jährigen Jubiläum der Erklärung kommentierte der Rabbiner David Rosen die Reflexionen zu theologischen Fragestellungen in den katholisch-jüdischen Beziehungen als "theologische Revolution".
Auf Einladung der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Mönchengladbach referierte Hans Hermann Henrix zum Thema "Eine theologische Revolution" über Entwicklungen und Perspektiven der christlich-jüdischen Beziehungen. Jenny Wennmacher begrüßte den früheren Akademiedirektor des Bistums Aachen als besten Kenner des christlich-jüdischen Dialogs. Der sieht große Fortschritte in der Begegnung der Religionen.
Henrix berichtete von einer unerwarteten Reaktion zum 50-jährigen Jubiläum der Konzilserklärung "Nostra Aetate": Mit der Erklärung "Den Willen meines Vaters im Himmel tun" formulierten mehr als 50 orthodoxe Rabbiner eine positive theologische Perspektive. Sie stellten fest: "Wir anerkennen, dass sich die offiziellen Lehren der katholischen Kirche über das Judentum seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil grundlegend und unwiderruflich geändert haben." Als theologische Anerkennung des Christentums von jüdischer Seite wertete Henrix die Aussage, dass das Christentum "weder ein Zufall noch ein Irrtum" sei, "sondern göttlich gewollt und ein Geschenk an die Völker". Von den orthodoxen Rabbiner Organisationen wurden die Unterschiede in Lehre und Glauben betont, doch auch die Bereitschaft zu freundschaftlichen Beziehungen, so der Referent. Einen ähnlich positiven Grundton bescheinigte er dem Dokument "Denn unwiderruflich sind Gnade und Berufung, die Gott gewährt" der Vatikanischen Kommission vom 10. Dezember 2015. Die Juden werden als geliebte ältere Brüder der Kirche wertgeschätzt.
Henrix nannte Papst Johannes Paul II. einen Sachwalter der neuen Beziehungen. Er betonte die Rolle von Papst Franziskus als "theologischen Akteur", der mit seinem Besuch der Großen Synagoge von Rom 2016 einen weiteren Akzent setzte und feststellte: "Gerade unter theologischem Gesichtspunkt zeigt sich ganz klar das unauflösliche Band, das Christen und Juden vereint."
Als Zeichen der Solidität der Beziehungen wertete Henrix, dass Vertreter der Kommission und jüdische Repräsentanten gemeinsam das Dokument der Vatikanischen Kommission 2015 vorstellten. Der Referent zeigte sich überzeugt, dass auch nach 50 Jahren Rezeption und Fortschreibung des konziliaren Impulses die Worte des Rabbiner Rosen Gültigkeit haben: Dies ist eine theologische Revolution.