55 Dinge, die man in Mönchengladbach erlebt haben sollte (45) Von Dichterwettstreit und Krokodilstränen

Mönchengladbach · Fernab von Sinfoniekonzert, Oper, Theater und Ballett hat Mönchengladbach kulturell noch einiges mehr zu bieten. Im Projekt 42 wird geslamt, im Theater im Gründungshaus treten Nachwuchskünstler auf – und im Kunstwerk werden Krokodilstränen vergossen.

Fernab von Sinfoniekonzert, Oper, Theater und Ballett hat Mönchengladbach kulturell noch einiges mehr zu bieten. Im Projekt 42 wird geslamt, im Theater im Gründungshaus treten Nachwuchskünstler auf — und im Kunstwerk werden Krokodilstränen vergossen.

Verb gegen Adjektiv, gekonnter Genitiv gegen durchdachten Dativ. Die Zeit läuft. Sechs Minuten zum erheitern, erhitzen, entzücken und schockieren. Das Publikum ist da gnadenlos. Es ist ein Dichterwettstreit in höchster Perfektion. Doch am Ende gibt es keine holde Maid, sondern die Gunst des Publikums — oder eben nicht. Sie beherrschen alle die hohe Kunst der Rhetorik, die in den Ring des "Projekt 42" an der Waldhausener Straße steigen. Ob Lyrik oder Prosa, Liebe oder Politik, laut oder leise — die Slammer müssen nur ankommen beim Publikum. Sie kommen von fern und nah, spontan oder eingeladen. Regelmäßig gibt es die "Poeterey" im Projekt 42. Inzwischen ist die Veranstaltungsreihe schon zu einer Institution in der Gladbacher alternativen Kulturszene geworden.

Auch im Herzen der Kreativszene, im Stadtteil Eicken, gibt es eine Einrichtung, die Querdenker anlockt — ob für Hutkonzerte, Kabarettabende oder Partys — Das Theater im Gründungshaus, kurz: TiG, hat sich zu einer beliebten Adresse mit breitem Kulturangebot gemausert. Hier darf es auch im Programmheft ruhig mal schräg zugehen. Mit Titeln wie "Panierfehler: Ein Fischstäbchen packt aus" oder mit der Ü-50-Party "Reif und verrockt" — Die Kleinkunstbühne hat mit Bühnenraum, Bistro und Außengastronomie für jeden etwas zu bieten. Politisches Kabarett, Klamauk, klassische Musik, Kinderkonzerte, Jazz und Revue sorgen für vergnügliche Stunden im Gründungshaus.

Gründercharme durchströmt auch die Backsteinhallen in Wickrath. Einst machte Zaccharias Spier 1855 die Gerberei dank seiner Visionen zu einer der einflussreichsten Lederfabriken Deutschlands. Doch die Nachfrage nach Leder sank — und so meldete die Firma im Jahr 1990 Konkurs an. Heute ist das Wickrather Kunstwerk ein Veranstaltungsjuwel für die Öffentlichkeit. In dem ehemaligen Fabrikgebäude finden Konzerte, Kabarettveranstaltungen und Fernsehaufzeichnungen statt. Das Wickrather Kunstwerk ist wandlungsfähig — riesige Küche für Horst Lichter, Proletentreff für Atze Schröder und Wahlarena für Angela Merkel und Peer Steinbrück, die hier im September auf Stimmenfang gehen. Doch das Wickrather Kunstwerk kann noch mehr: Der Herzenswunsch von Gründer Andreas Baum war nicht nur einen vielseitigen Veranstaltungsort zu schaffen. Er wollte auch ein Theater betreiben, in dem viel Platz für kreative Ideen und Experimente ist. "Bissig und scharf soll es sein, über ein großes Maul soll es verfügen, Zeichen soll es setzen, Signale soll es senden und Krokodils-Tränen sollen Sie lachen", sagte Baum bei der Eröffnung im Jahr 2003 — und rot ist es geworden, das Krokodil.

Im "Roten Krokodil" tummeln sich seitdem Größen des Showbusiness wie Helge Schneider, Konrad Beikircher, Mitternachtsspitzen oder Dieter Hildebrandt. Für musikalische Sternstunden sorgten schon BAP, Max Raabe, Brings und Max Mutzke.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort