Mönchengladbach Von der Skizze zur Hose im Schnelldurchlauf

Mönchengladbach · Das Traditionsunternehmen Atelier Gardeur öffnete seine Türen für Verwandte und Freunde der Mitarbeiter. Um sich für die Unterstützung in schwierigen Zeiten zu bedanken - und um zu zeigen, warum diese sich gelohnt hat.

 Jede Hose bei Gardeur wird von den Schneiderinnen individuell angefertigt.

Jede Hose bei Gardeur wird von den Schneiderinnen individuell angefertigt.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Ob aufgezeichnet auf Papier, skizziert auf großen Postern an den Wänden oder schon zusammengenäht auf dem Modell - egal, wo man hinschaut, im Atelier Gardeur findet man Hosen. "An einem normalen Arbeitstag haben wir schon bis 12 Uhr mittags 28 000 Teile verschickt", sagt Barbara Janke, die gerade durch die 32 000 Quadratmeter große Lagerhalle führt. "Jedes Teil wird von uns per Hand verpackt."

Weiter geht es in die Musternäherei. Nach Computersystemen, die die Arbeit automatisch erledigen, kann man hier lange suchen. Auch die Näherinnen leisten keine Bandarbeit. Jede Hose muss von den Schneiderinnen individuell angefertigt werden. Fällt dabei auf, dass der Schnitt mit dem ausgewählten Stoff nicht funktioniert, genügt ein kurzer Anruf. Denn nur zwei Etagen über der Musternäherei ist die Idee der Hose in den Köpfen der Designer entstanden und von den Modellmachern für die Näherinnen auf Papier gebracht worden.

 Nur zwei Etagen über der Musternäherei ist die Idee der Hose in den Köpfen der Designer entstanden.

Nur zwei Etagen über der Musternäherei ist die Idee der Hose in den Köpfen der Designer entstanden.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Das Atelier Gardeur deckt jeden Arbeitsschritt selbst ab - und gehört damit zu einem kleinen, illustren Kreis in Deutschland. Nur die Produktion findet in Tunesien statt, aber auch dort sind es eigene Werke, die die Hosen herstellen. Designer, Modellmacher, Laboranten, Schneider und Waschingenieure - alle arbeiten in Gladbach, um die Gardeur-Hose zum "Porsche der Hosenindustrie" machen. Dieses Ziel hat sich jedenfalls Geschäftsführer Gerhard Kränzle gesetzt.

Dann wird die Besuchergruppe zur nächsten Station, der kreativen Wäscherei, geführt. Hier zeigt Waschtechniker Franco Scarvaci, wie er jede Hose einzeln mit ihren speziellen Effekten, zum Beispiel Falten oder Färbungen, bestückt. Auch in der Wäscherei ist das einzige technische Hilfsmittel die Waschmaschine, alles andere macht Scarvaci per Hand.

Mönchengladbach: Von der Skizze zur Hose im Schnelldurchlauf
Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Janke führt die Familienangehörigen und Freunde der Angestellten, die Gardeur an diesem Tag zu sich eingeladen hat, in die Qualitätssicherungsabteilung. Hier werden die fertigen Produkte auf Herz und Nieren geprüft: Wurden alle vorgegebenen Materialien verarbeitet? Sitzt die Hose auch richtig? Um das zu testen, werden die Hosen an verschiedenen Models ausprobiert. "Die Frau mit dem Birnenpo muss die Hose genauso tragen können wie die Frau mit den etwas breiteren Oberschenkeln", sagt die Leiterin der Unternehmenskommunikation, Ulrike Mellenthin. "Es muss die perfekte Passform sein".

Nach dem Rundgang richtet sich auch Kränzle noch einmal an die Angehörigen seiner Mitarbeiter. Mithilfe von Unternehmensberatern hatte er gemeinsam mit den Angestellten die Marke wieder auf Kurs gebracht. Nachdem das Familienunternehmen zwischenzeitlichfremdgeführt wurde, waren viele Mitarbeiter verunsichert. Doch in der arbeits- und zeitintensiven Umstrukturierungsphase konnten sie Einfluss nehmen und die neue Linie von Gardeur mitgestalten. "Unsere Mitarbeiter sind das Herz der Marke", sagt Kränzle. "Ich bin stolz, dass wir mit unserer Arbeit von einer kleinen Stadt am Niederrhein aus weltweit solchen großen Erfolg haben." Zum 100. Jubiläum 2020 möchte Kränzle das Unternehmen, das ihm zu 51 Prozent gehört, ganz besitzen. Dann wäre das Atelier - wie zuletzt 2007 - wieder ein familiengeführter Hosenspezialist.

(lzi)
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