Mönchengladbach Vom Flugplatz zum Wirtschaftsstandort

Mönchengladbach · Der Nordpark hat eine bewegte Geschichte. Früher starteten dort Flugzeuge der Luftwaffe. Heute siedeln sich Unternehmen an.

Es ist eines der am stärksten nachgefragten Gewerbegebiete der Stadt. Der Nordpark boomt. Immer mehr Unternehmen möchten sich dort ansiedeln. Borussia-Park und Sparkassenpark sind echte Marken, und die historischen Gebäude am Konrad-Zuse-Ring sind ein Schmuckstück. Das Gebiet im Süd-Westen von Holt war schon immer ein stark frequentiertes Areal und hat eine interessante Geschichte. Was heute längst nicht mehr jeder weiß: Früher war der Nordpark ein großer Flughafen und Standort eines Heims für Schwererziehbare.

In den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts suchte die Rheinprovinz nach einem passenden Standort für ein derartiges Heim und wurde fündig auf einer Wiese zwischen Holt und Rheindahlen. Der Weg vor dem Heim war damals noch eine holprige Schotterpiste. Heute reisen dort bei jedem Heimspiel der Borussia tausende Fans an. Die Geschichte des Nordparks hatte begonnen. Eine entscheidende Weiche stellte man in den 20er Jahren. 1929 eröffnete der Verkehrslandeplatz Gladbach-Rheydt in unmittelbarer Nachbarschaft des Heims. Anfangs hoben dort nur private Maschinen ab. Für kurze Zeit, nämlich von 1930 bis 1932, gab es auch eine Zubringerlinie nach Düsseldorf. Die Verquickung der beiden Flughafenstandorte gab es also schon damals. Nur war sie da erfolgreicher als heute.

In den dreißiger Jahren wurde schließlich das Militär auf den Flughafen aufmerksam. Zuerst schulte eine Flugzeugführerschule dort die Piloten der Luftwaffe. Als der Zweite Weltkrieg begann, starteten auf dem Flughafen im heutigen Nordpark Aufklärungseinheiten und Transportflugzeuge. Außerdem diente der Flugplatz als Standort, um die Maschinen von Jagdgeschwadern zu reparieren, zu betanken und neu zu formieren, um sie wieder tauglich für die Front zu machen. Der Flugplatz war damit ein strategisch wichtiger Standort für die Nationalsozialisten. Zumal die Grenzen zu den westlichen Kriegsgegnern nicht weit entfernt lagen. Dennoch wurde der Flughafen nie von den Alliierten bombardiert. Der Rest der Stadt hingegen, vor allem die Zivilbevölkerung, musste unter schwersten Bombenangriffen leiden. Die Briten hatten das Areal bereits ins Auge gefasst, um es nach Kriegsende zu eigenen militärischen Zwecken zu nutzen. Sie beanspruchten das rund 160 Hektar große Gelände für sich und richteten dort die Ayrshire Barracks ein. Im Südpark, also auf der anderen Seite der Gladbacher Straße, stationierten die US-Streitkräfte ihre Einheiten. Eine Luftaufnahme vom 11. Mai 1945 zeigt einen grauen Strich auf dem Flugplatz. Die Alliierten hatten auf dem Flughafen aus Stahlmatten eine Landebahn gebaut.

Eine Folge der militärischen Nutzung nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich bis heute im Stadtbild erhalten. Wer über die Aachener Straße fährt, wird sehen, dass der Holter Kirche St. Michael die Spitze ihres Turms fehlt. Den haben die Amerikaner im März 1945 abreißen lassen, damit ihre Maschinen besser starten und landen konnten. Die Gebäude der Fürsorge- und Erziehungsanstalt nutzten die britischen Streitkräfte für die Verwaltung. Und blieben dort bis zum 28. Juni 1996. Außerdem richteten die Alliierten ein Schienennetz ein. Über drei Bahnhöfe wurde eine Verbindung zum Bahnhof in Rheindahlen hergestellt.

Genau erforscht ist die Geschichte des Nordparks noch nicht. Viele Dinge liegen im Verborgenen. So zum Beispiel, warum es auf dem Holter Ehrenfriedhof die Gräber von Hauptmann Wolf Dietrich Wilcke und Major Klaus Queat-Faslem gibt. Beide stammen nicht aus Mönchengladbach und sind auch nicht hier gestorben. Bekannt ist dafür, wie es mit dem Nordpark weiterging. Als die Briten den Standort verließen und in den Südpark zogen, wo sie noch heute die Ayrshire Barracks betreiben, stand die Stadt vor einer riesigen Aufgabe. Sie kaufte den Nordpark 1998 aus Bundeseigentum und kalkulierte mit einer Summe von rund 539 Millionen Euro. In den historischen Gebäuden der ehemaligen Erziehungsanstalt sind heute Unternehmen beheimatet. In die ehemalige Kapelle der Heiligen Barbara zog das Restaurant Palace St. George ein.

Am prominentesten war die Entstehung des Borussia-Parks. Am 15. März 2002 begannen die Bauarbeiten für das neue Stadion der Borussia, das am 30. Juli 2004 eröffnet wurde. Das benachbarte Hockeystadion, heute besser bekannt als Sparkassenpark, wurde 2005 fertiggestellt. Pläne, die Trabrennbahn in den Nordpark zu verlegen, wurden nicht verwirklicht. Neben Lebensmittelgeschäften und dem Finanzamt sind im Nordpark inzwischen viele weitere große Unternehmen beheimatet. Dazu gehören unter anderem die Santander Bank, ein Factory Outlet Store von Van Laack und bald auch der Online-Badhändler Reuter. Das Paspartou, ein Bürokomplex, der aus zwei Türmen bestehen und das Eingangstor zum Nordpark bilden wird, soll im Frühjahr 2018 fertig werden. Die Geschichte des Nordparks ist noch lange nicht zu Ende.

(RP)
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