Mönchengladbach Viel Platz für Investoren

Mönchengladbach · Die Stadt ist gespickt mit Flächen, die zum Teil seit Jahrzehnten auf eine neue Nutzung warten. Durch den Niedergang von Industriebetrieben kommen regelmäßig weitere hinzu. Immerhin: Mancherorts (City-Ost, Stadttheater) tut sich endlich was, Kleingewerbe könnte andere Lücken füllen.

Bei zwei Traditionsunternehmen, die beide seit mehr als 100 Jahren in Gladbach angesiedelt waren, gehen derzeit langsam die Lichter aus. Beim insolventen Automobilzulieferer EGM Automotive, der früheren Eisengießerei Monforts, haben die zähen Verhandlungen mit dem potenziellen kanadischen Investor Robert Lawrie keine Erfolge gebracht. Selbst die IG Metall glaubt trotz guter Auftragslage jetzt nicht mehr an eine Rettung. "EGM hätte eine Menge Optionen gehabt, wenn man von Anfang an mit einem Unternehmer verhandelt hätte, der etwas unternimmt, anstatt mit Zockern im Hintergrund", lässt Gewerkschafts-Bevollmächtigter Reimund Strauß seinem Frust freien Lauf. "So geht ohne ein mittleres Wunder Ende November der letzte Ofen aus, dann wird das Gegossene bis Jahresende noch abproduziert." Die "vermeintliche Investorengruppe" habe sich "im Dickicht ihrer teilweise wirren Vorstellungen" verheddert, zudem hätten "Strategen" aus dem EGM-Management frühzeitig die Firma verlassen.

Beim Textilmaschinenbauer Oerlikon Schlafhorst wiederum, der seine komplette Produktion nach Übach-Palenberg verlagert, dürften laut Strauß die letzten Mitarbeiter aus der Produktion den Standort Mönchengladbach im April 2012 verlassen. "Im ersten Halbjahr", bestätigt Unternehmenssprecher André Wissenberg. Schon seit längerem ist im Werk an der Blumenberger Straße, wo die Rotorspinnanlage Autocoro hergestellt wird, lediglich noch die Produktion vor Ort. "Unser Rechenzentrum bleibt aber noch das gesamte Jahr 2012 in Gladbach", sagt Wissenberg.

Um die Flächen, die EGM und Oerlikon Schlafhorst hinterlassen und die beide nicht der Stadt gehören, macht sich trotzdem niemand so recht Sorgen. "Wir sind optimistisch, die Fläche in unserem Schlafhorst-Businesspark schnell neu zu vermieten, wie es mit anderen Teilflächen bereits gut gelungen ist", so Wissenberg. Und bezüglich EGM sagt Dr. Ulrich Schückhaus, Chef der städtischen Entwicklungsgesellschaft EWMG: "Als Eisengießerei ist das Gelände sicher nicht mehr nutzbar. Aber die Flächen sind in passablem Zustand." An längeren Leerstand glaube keiner. Das jedoch galt einst auch für zahlreiche Brachflächen, die sich zum Teil seit Jahrzehnten über das Stadtgebiet verteilen. Die Rheinische Post hat einige von ihnen exemplarisch zusammengefasst:

Mülforter Zeugdruckerei Seit der Insolvenz 2001 und dem finalen Beschluss im Frühjahr 2002, dass die Produktion in der Zeugdruckerei und Färberei eingestellt wird, hat das 60 000 Quadratmeter große Gelände an der Duvenstraße immer wieder für Ärger gesorgt. Mehr als 30 Mal brach dort Feuer aus. Das Gelände wurde immer gefährlicher, weil die Gebäude durch die Brände in arge Mitleidenschaft gezogen wurden. Zuletzt krachte eine Mauer auf den Bürgersteig. Jetzt soll alles abgerissen werden. Oberbürgermeister Norbert Bude hat dem Gesellschafter der Mülforter Verwaltungs GmbH eine letzte Frist bis Mitte November gesetzt.

Reme-Gelände Ein ähnlich großes Ärgernis ist das bis auf einige Zwischennutzungen seit 1992 leerstehende, rund 70 000 Quadratmeter große Reme-Gelände zwischen Lürriper Straße und Fleenerweg. Einst reparierten hier bis zu 1000 Zivilbeschäftigte Fahrzeuge und Panzer der Britischen Streitkräfte. Nach ihrem Abzug begann auch hier der Verfall. Metalldiebe stahlen alles Verwertbare, dafür brachten andere Müll und legten Feuer. Damit soll Schluss sein. Auf dem Reme-Gelände sind die Bagger bereits angerollt. Für den Bereich wird eine Stadt-Entwicklungsperspektive erarbeitet. Bevorzugt wird eine Gewerbefläche, für die Altlastenbeseitigung sind bereits Förderanträge gestellt worden, heißt es aus der Verwaltung.

Gronen-Gelände Das 12 000 Quadratmeter große Areal am George-C.-Marshall-Platz beherbergte vor Jahrzehnten einmal die Rheinischen Wollwerke Gronen, seitdem ist vor allem eines passiert: Der Komplex verfiel immer mehr. Der jüngste Vorschlag aus dem Frühsommer: Ein Meerbuscher Investor will dort ein Geschäftszentrum mit mehreren "auto-affinen" Betrieben errichten. Ende offen. "Besser, es geschieht dort irgendetwas, als dass weiter gar nichts passiert", sagt Schückhaus diplomatisch.

City-Ost Ebenfalls seit Jahrzehnten eine Brache ist das Gebiet des ehemaligen Güterbahnhofs zwischen Breitenbach-, Lürriper und Kranzstraße. Hier tut sich etwas: Im Sommer ließ der Eigentümer der 77 000 Quadratmeter, der Immobilienentwickler Aurelis, das Gelände freiräumen, die Hotelkette B & B hat Anfang Oktober eine 2750 Quadratmeter große Fläche gekauft. Auch ein Fachmarktzentrum ist nach wie vor im Gespräch.

Bleichwiese Eine attraktive Zwischennutzung, das "Gladbach Dock", hat diesen Sommer zwar seine Zelte auf dem 15 000 Quadratmeter großen Areal des alten Zentralbads aufgeschlagen, täuscht aber nicht darüber hinweg: Seitdem das Bad im Juli 2001 niederbrannte und die Ruinen zwei Jahre später abgeräumt wurden, hat sich wenig getan. Schon seit einigen Jahren spricht die Wirtschaftsförderung immer wieder mit einem Interessenten aus den Niederlanden, von einer Bürobebauung der gesamten Fläche ist die Rede. Aber Genaues weiß man nicht.

Altes Stadttheater Im August 1999 gingen an der Hindenburgstraße die letzten Lichter aus, nachdem der Schauspielbetrieb bereits 1996 eingestellt worden war. Nach jahrelangen Verhandlungen steht nun fest: Der gesamte Komplex wird im Frühjahr abgerissen, der Essener Investor Mfi baut dort das Handels- und Dienstleistungszentrum Mönchengladbach Arcaden. Die Erfahrung an selber Stelle mit ECE hat aber auch gezeigt: Besser nicht über ungelegte Eier reden, bis nicht die Bagger angerückt sind.

Auch an den Rändern der Stadt – die Niederrheinkaserne, die ehemalige Wollfabrik Dilthey in Rheindahlen, in wenigen Jahren der komplett leerstehende Stadtteil JHQ sind nur einige Beispiele – gibt es für Investoren noch reichlich Gelegenheit, sich mit Kapital und Ideen einzubringen. Und vielleicht ja sogar für Industriebetriebe. "Sich als Stadt ausschließlich auf Logistik und Groß- und Außenhandel zu verlagern – das kann es nicht sein", sagt Reimund Strauß.

(RP)
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