Mönchengladbach Unversteuerte Zigaretten: Familienvater verurteilt

Mönchengladbach · Wegen Beihilfe zur fünffachen vorsätzlichen Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall musste sich gestern ein Angeklagter (26) vor dem Mönchengladbacher Schöffengericht verantworten. Bald war klar, dass es in diesem Fall nicht um kleine Steuersünden ging, sondern um hinterzogene Tabaksteuern in Millionenhöhe. Der 26-jährige Familienvater, der als Kind 1995 mit seinen Eltern aus Russland in die Bundesrepublik gekommen war, hatte einer kriminellen Bande geholfen.

Die Bandengruppierung hatte im Sommer 2009 in Jüchen eine Lagerhalle angemietet und ließ aus griechischen Zwischenlagern Millionen unversteuerter Zigaretten im Lkw nach Jüchen transportieren. Vertrieben wurden die Zigaretenstangen mit Hilfe von Scheinfirmen, bis die Zollbehörden der Bande auf die Schliche kamen.

Der Angeklagte gab seinen Tatbeitrag als Gehilfe ohne weiteres zu. Zur Tatzeit war der Angeklagte arbeitslos. Als ihn ein Bekannter, der offensichtlich zur der Bande gehörte, um Hilfe bat, willigte er ein. Der 26-Jährige, nach einer abgebrochenen Kfz-Mechaniker-Lehre ohne Berufsausbildung, sollte beim Entladen der Lastwagen in Jüchen helfen. "Pro Schicht bekam ich 300 Euro", erinnerte sich der Gehilfe. "Die Lastwagen fuhren in die Halle hinein, dann wurde das Tor geschlossen", so der 26-Jährige gestern. Die Zigaretten in Millionen-Stückzahl wurden auf Paletten verstaut und dann auf Hochlagern gestapelt.

Am 12. August 2009 kam ein Sattelzuggespann nach Jüchen. Als die Bandenmitglieder eine Überwachung ihrer kriminellen Tätigkeit vermuteten, wurde das Gespann zunächst auf einen Autobahn-Rastplatz gefahren. Am Abend kehrten die Täter nach Jüchen zurück und widmeten sich den unversteuerten Zigarettenstangen. Sie meinten, die Luft sei rein. Tatsächlich waren sie sowohl morgens als auch abends von Beamten der Zollbehörde beobachtet und fotografiert worden.

Der Angeklagte, der inzwischen als Lkw-Fahrer tätig ist, war gestern außerdem wegen vierfacher Steuerhehlerei angeklagt. Er erhielt damals von der Bande zahlreiche unversteuerte Zigarettenstangen, die er an Abnehmer weitergab. Die Namen der Abnehmer wollte er allerdings nicht nennen. "Er gab die Vorteile an Familienmitglieder weiter. Er will sie nicht verraten", erklärte gestern dessen Verteidiger. Die Bandenmitglieder sind inzwischen verurteilt worden. Den Gehilfen verurteilte das Schöffengericht gestern zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten mit Bewährung. Außerdem verlangt die Zollbehörde von dem Angeklagten in einem Haftungsbescheid 409 000 Euro - für hinterzogene Tabaksteuern.

(RP/rl)
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