Mönchengladbach Übersetzer Christof Spitz bringt nichts aus der Ruhe

Mönchengladbach · Erst sind es nur Blicke, die der Dalai Lama seinem Übersetzer Christof Spitz zuwirft. Der Deutsche in Anzug und Krawatte liest seine Aufzeichnungen aus einem Notizbuch ab, das er auf den Knien balanciert. Dann greift Seine Heiligkeit ein: Er hält die Seiten fest, die der Wind immer wieder umblättert, und linst in die Aufzeichnungen. Der Dalai Lama lächelt verschmitzt, und das Raunen im Publikum wird zum Lachen. Nur Christof Spitz verzieht keine Miene. Der 53-Jährige lässt seinen Blick auf die Notizen geheftet, rückt kurz seine Nickelbrille zurecht und übersetzt fließend weiter. Der gravierende Unterschied zwischen dem schelmisch wirkenden Dalai Lama und der nüchternen Dienstbeflissenheit seines Übersetzers sorgt weiter für Heiterkeit bei den Besuchern.

Freundliche Unterstützung

Eine gute Stunde später schmunzelt auch Christof Spitz. „Das war das erste Mal, dass er die Seiten umgeblättert hat“, sagt der gebürtige Dortmunder. „Ich versuche noch herauszufinden, warum er das tat. Aber ich denke, es war einfach eine freundliche Unterstützung.“ Gerade hat der 53-Jährige im abgetrennten Bereich der Flugzeughalle zu Mittag gegessen. Der Besuch des Dalai Lama neigt sich dem Ende zu. Christof Spitz’ Aufgabe ist erfüllt. Wieder einmal. Seit 20 Jahren arbeitet er als Übersetzer für den Dalai Lama in Deutschland. Der 53-Jährige ist Buddhist und lebte 13 Jahre als Mönch. Er studierte Tibetologie und lehrt am Tibetischen Zentrum in Hamburg.

Natürlich sei es eine Ehre gewesen, als er damals gefragt wurde, ob er für das geistliche Oberhaupt arbeiten will, sagt Spitz. Doch eigentlich entspricht es nicht seinem Naturell, auf einer Bühne im Mittelpunkt zu stehen. „Aber ich habe es als meine Pflicht angesehen“, erklärt der 53-Jährige. „Denn so viele andere gibt es nicht, die das können.“ Als Übersetzer muss er nicht nur Englisch und Tibetisch können, sondern auch philosophisches Wissen mitbringen.

Also hat der zurückhaltende Mann seinen Mut zusammengenommen und im Buddhismus Hilfe gesucht. Seine Motivation war es, den Menschen dabei helfen zu wollen, den Dalai Lama zu verstehen. Und er fixierte sich nicht auf seine eigenen Ängste oder mögliche Misserfolge. „Als Person bin ich zweitrangig“, sagt er. Inzwischen denkt Christof Spitz nicht mehr darüber nach, ob ihm hundert oder tausende Menschen zuhören. Der Lohn für seine Überwindung ist die Nähe zum geistlichen Oberhaupt. „Der Dalai Lama ist unheimlich freundlich und liebevoll. Bei seinen Auftritten ist er zwar nicht so formell, aber trotzdem sehr aufmerksam“, erklärt Christof Spitz. Und deshalb wirkt auch der Übersetzer bei der Arbeit sehr konzentriert. Selbst, wenn Seine Heiligkeit das Notizbuch umblättert und das Publikum laut lacht.

(RP)
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