Mönchengladbach Trinken, schlafen - Unfall

Mönchengladbach · Auch wer nach dem Feiern lange schläft, hat am nächsten Morgen noch Rest-Alkohol im Blut. Vor Schülern des Maria-Lenssen Berufskollegs wurde nun von der Verkehrswacht der Polizei das verzögerte Reaktionsvermögen simuliert.

 Unsere Autorin machte den Selbsttest. Der Fahrsimulator der Polizei zeigte: Schon wenige Promille Alkohol im Blut erhöhen die Reaktionszeit. Vor den Kartons, die aus dem Lkw fielen, konnte unsere Autorin nicht mehr abbremsen.

Unsere Autorin machte den Selbsttest. Der Fahrsimulator der Polizei zeigte: Schon wenige Promille Alkohol im Blut erhöhen die Reaktionszeit. Vor den Kartons, die aus dem Lkw fielen, konnte unsere Autorin nicht mehr abbremsen.

Foto: maxk

Die Hände sind schweißnass, als sie das lederne Lenkrad umklammern. Bremse und Gas liegen auf der rechten Seite, eine Kupplung gibt es nicht - ungewohnt für Schaltwagen-Fahrer. Man blickt auf die Straße, fährt langsam los. Nach einem kurzen Moment fühlt man sich sicher und drückt aufs Gas. Doch dann passiert es: Ein alter Mann tritt mit seinem Rollator wie aus dem Nichts auf die Straße. Das Auto erfasst ihn frontal, die Scheibe zersplittert. Zum Glück handelt es sich bei diesem Unfall nur um eine Simulation.

Im Maria-Lenssen-Berufskolleg fand nun eine Infoveranstaltung der Polizei für Schüler statt. Dabei hatten sie die Möglichkeit, einen Fahrsimulator der Verkehrswacht zu testen. Drei Aspekte standen im Fokus: "Ablenkung, überhöhte Geschwindigkeit sowie Alkohol und Drogen am Steuer gehören zu den häufigsten Unfallursachen", sagte Achim Hendrix, Leiter der Verkehrsinspektion 1 in Mönchengladbach.

Bei dem Simulator handelt es sich um einen Autositz, an dem auf dem Boden ein Brems- und ein Gaspedal angebracht sind. Daran befestigt befindet sich ein Lenkrad. Einmal Platz genommen, schaut man auf einen Fernseher, auf dem die simulierte Autofahrt zu sehen ist. "Dabei sind alle möglichen Varianten abspielbar", sagt Hendrix. So kann ein Rentner mit seinem Rollator auf die Straße treten oder aus einem Lkw plötzlich etliche Kartons herausfallen. Doch nicht nur unerwartete Zwischenfälle können mit dem Simulator dargestellt werden. Auch Fahrten unter Alkoholeinfluss oder Drogen können, zumindest im Ansatz, getestet werden. Die Konstruktion kostet laut Verkehrswacht insgesamt 12.000 Euro.

Geschockt reagierten die Schüler, als eine Testperson eine Fahrt unter Restalkohol-Einfluss wagte. Als Beispiel diente die Annahme, dass eine Frau an einem Abend rund fünf große Bier getrunken hat, danach einige Stunden schläft und am nächsten Morgen ins Auto steigt. "Bei einer Frau im Alter von 24 bis 44 Jahren, einer Körpergröße von 1,70 Meter und einem Normalgewicht, besteht nach sechs Stunden immer noch ein Restalkoholwert in Höhe von 1,18 Promille", erklärte Hendrix. Diese Berechnung bezog der Fahrsimulator ein. Die Daten wurden zuvor über einen Computer eingegeben.

Das bedeutet bei diesem Beispiel konkret: Bei einer Geschwindigkeit von 61,9 km/h beträgt der reguläre Bremsweg mit Reaktionszeit rund 32,7 Meter. Unter Alkoholeinfluss jedoch 58,7 Meter. Das sind Daten, die der Simulator nach der Fahrt ebenfalls ausrechnet.

Ein Nachteil an dem High-Tech-Gerät: Es simuliert nicht die Trunkenheitsfahrt, sondern zeigt nur anschließend im Video das eingeschränkte Sichtfeld und die berechneten Anhaltewege der Fahrers unter Alkoholeinfluss - nicht jedoch das Gefühl, das man bei einer Fahrt unter Restalkohol empfindet.

Laut Sascha Hoitz, Hauptkommissar und Leiter der Verkehrswacht, fahren vor allem junge Menschen häufiger unter Alkohol- und Drogeneinfluss Auto. Im vergangenen Jahr gab es in Mönchengladbach 127 Unfälle, bei denen die Fahrer alkoholisiert waren oder unter Drogen standen. Rund 300 Autofahrer wurden wegen des Verdachts von Alkohol- und Drogenkonsums aus dem Verkehr gezogen.

Besonders häufig krachte es 2016 zwischen 20 und sechs Uhr. Die Polizei hat darauf reagiert und führt nun regelmäßig Drogenkontrollen im Stadtgebiet durch. Die Ergebnisse der Kontrollen sind dabei erschreckend: "In drei bis vier Stunden haben wir rund zehn Fahrer erwischt, die die unterschiedlichsten Drogen genommen haben", sagt Hoitz. Die Auswahl reiche dabei von Marihuana bis hin zu Heroin.

Viele Autofahrer seien sich der Konsequenzen ihres gefährlichen Handels nicht bewusst. "Wer mehr als 1,1 Promille Alkohol im Blut hat, begeht eine Straftat. Der Führerschein ist erstmal für eine lange Zeit weg", sagt Hoitz. Und auch kleinere Promillezahlen führten häufig zu großen Auswirkungen. Denn nicht immer bekomme man den Führerschein nach seinem kurzzeitigen Entzug zurück. Wer eine Medizinisch-Psycholgische Untersuchung (MPU), der Volksmund spricht vom Idiotentest, ablegen muss, kann mit Kosten von rund 400 Euro rechnen - zusätzlich zu Strafe, Verwaltungsgebühr und möglichen zusätzlichen Fahrstunden.

Besonders für Arbeitnehmer, die auf ihr Auto angewiesen sind, sei der Führerscheinentzug fatal. "Der Arbeitgeber wird sich das im Extremfall wohl nicht lange anschauen", sagt Hendrix.

(RP)
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