Mönchengladbach Trabrennsport steht vor dem Aus
Mönchengladbach · Das Land will den Rennvereinen die Zuschüsse aus dem "Spiel 77" streichen. Weil die Mittel ein Drittel seines Etats ausmachen, ist der Trabrennverein dadurch in seiner Existenz bedroht. Deutschlands älteste Bahn läge dann brach.
Die Nachricht traf Werner Pietsch völlig unvorbereitet. Ohne jede Vorwarnung flatterte dem Vorsitzenden des Vereins zur Förderung des Rheinischen Rennsports in dieser Woche ein Schreiben des Landesumweltministeriums ins Haus, wonach den Vereinen bereits ab 1. Januar 2013 die Zuschüsse aus den Lotterieeinnahmen des "Spiel 77" gestrichen werden sollen. "So kurz vor Toresschluss ist das absolut nicht verständlich", sagt Pietsch, dessen Finanzplanung für das kommende Jahr damit nicht nur über den Haufen geworfen wird.
Sie wird vielmehr unmöglich gemacht. "Die Zuschüsse machen ein Drittel unseres Etats aus. Fallen sie weg, ist das nicht zu kompensieren", sagt der 55-Jährige. 11 000 Euro im Monat und damit 132 000 Euro im Jahr machten die Zuschüsse aus. "Klipp und klar gesagt: Wenn das tatsächlich so kommt, müssen wir den Verein liquidieren." Und dann könne selbst der erste anvisierte Renntag im neuen Jahr am 12. März nicht mehr durchgeführt werden.
Das Land will im Rahmen der Haushaltskonsolidierung in Summe rund eine Million Euro einsparen, indem es das Geld einbehält, das bisher an die Trab- und Galopprennvereine in Köln, Dortmund, Düsseldorf, Krefeld, Neuss, Gelsenkirchen, Mönchengladbach und Dinslaken ausgezahlt wurde. So sieht es der Haushaltsentwurf vor. Das System war historisch gewachsen: Einst besaß der Pferdesport ein Monopol auf Glücksspiel.
Dann kam Lotto hinzu, dann Zusatzangebote wie das Spiel 77, später private Anbieter und Internet-Wetten. "Als Kompensation wurde entschieden, dass wir Vereine Zuschüsse aus dem Spiel 77 erhalten", erläutert Pietsch. Während einige Vereine — wie Krefeld — das Geld "on top", also lediglich für Bau- und Sanierungsarbeiten einkalkulieren, nicht aber für den laufenden Betrieb — sind andere massiv darauf angewiesen. Dazu zählt der Gladbacher Verein, der die älteste noch existierende Trabrennbahn in Deutschland betreibt: Sie stammt aus dem Jahr 1893.
Und dabei hatte es im Sommer noch so ausgesehen, als könnte der Verein anstelle von existenzbedrohenden Kürzungen sogar mit einem warmen Geldregen rechnen. Weil die Bundesregierung das Gesetz zur Besteuerung von Sportwetten ändert, rechnete man an der Niersbrücke seinerzeit mit 200 000 Euro zusätzlich pro Jahr. Die Krux dabei: Das Gesetz ist noch nicht weit genug gediehen. "Wir könnten frühestens Mitte nächsten Jahres damit rechnen", sagt Pietsch. Dann könnte es allerdings bereits zu spät sein.
Er setzt stattdessen auf die Lobbyarbeit des Dachverbands bis zur Verabschiedung des Haushalts im Frühjahr. Dem Vernehmen nach sind die Aussichten, dass das Land einlenkt, aber nicht allzu hoch. Die Auswirkungen wären laut Pietsch immens, nicht nur in NRW. "Wenn Bahnen schließen, gibt es weniger Besitzer, Trainer, Fahrer. Tierfutterlieferanten sind betroffen, Bauern, die Stroh liefern, und, und, und. Da hängt ein Rattenschwanz mit dran."
Für 2012 zieht Pietsch eine durchwachsene Bilanz. Nachdem ein Sturm im Juli drei Renntage ausfallen ließ und Ställe zerstörte ("Das Gutachten über den Schaden steht noch aus"), folgten weitere Ausfälle, zuletzt durch den Wintereinbruch am 9. Dezember. Zudem ist die Existenz der Bahn weiter durch den Plan gefährdet, sie durch ein Gewerbegebiet zu ersetzen. Einen konkreten Interessenten gibt es seit langem. Baudezernent Andreas Wurff: "Wir sind beim Erstellen der Gutachten nicht Herr des Verfahrens." Anfang 2013 sollen die Gutachten, die Voraussetzung für das Bebauungsplanverfahren sind, fertig sein.