Mönchengladbach Telefonseelsorge - Hilfe rund um die Uhr

Mönchengladbach · Bei der kostenfreien Hotline können Menschen 24 Stunden lang Rat bekommen. Geschultes Personal leistet Hilfestellung oder hört manchmal einfach nur zu. Der Leiter der Seelsorge wünscht sich mehr Mitstreiter.

 Dieter Mokros neben der Wand, auf der ehrenamtliche Mitarbeiter zu sehen sind. Der Sozialpädagoge würde sich wünschen, dass sich noch mehr Freiwillige melden.

Dieter Mokros neben der Wand, auf der ehrenamtliche Mitarbeiter zu sehen sind. Der Sozialpädagoge würde sich wünschen, dass sich noch mehr Freiwillige melden.

Foto: Thomas Lammertz

Das Telefon steht selten still im Büro von Dieter Mokros. Der Sozialpädagoge leitet die Telefonseelsorge, die zwar in Krefeld lokalisiert ist, sich aber gleichermaßen um die Menschen in Krefeld, Mönchengladbach und Viersen kümmert.

Neben zwei festen Stellen, die zum einen Mokros besetzt, sind es hauptsächlich die ehrenamtlichen Mitarbeiter, die für die zahlreichen Anrufer da sind. Und genau da liegt das Problem. "Der Bedarf ist groß. Wir würden uns wünschen, dass noch mehr Menschen bei uns arbeiten", sagt Mokros. Aktuell sind es 52 Ehrenamtler. Das klingt nicht wenig, doch es ist bloß ein Mitarbeiter pro Schicht. Da die Telefonseelsorge 24 Stunden erreichbar ist, "frisst" das zusätzlich Personal. "Es wäre toll, wenn sich die Mitarbeiterzahl verdoppelt", sagt der 58-Jährige. Ein weiteres Problem ist, dass Anrufer aus dem Mobilfunknetz auch an die Seelsorgestelle in Krefeld weitergeleitet werden. Ganz gleich, aus welchem Bundesland sie anrufen.

Mokros selbst ist vor rund 30 Jahren zu seiner Aufgabe gekommen. "Damals war dieses Gebiet noch neu. Es hat mich sehr fasziniert, weil alle Altersgruppen betroffen sind", erklärt er. Die Themen reichen von der vermeintlich einfachen Frage, wo das Kind zur Schule gehen soll, bis hin zu lebensbedrohlichen Situationen. In solchen Fällen ist es auch Aufgabe der Mitarbeiter, der verzweifelten Person am anderen Ende der Leitung eine Telefonnummer von Psychologen oder anderen Fachleuten zu vermitteln. "Wir haben ein psychosoziales Adressbuch, das von uns gehegt und gepflegt wird." Oft dient das Gespräch aber auch dazu, dem Anrufer einen anderen Blickwinkel zu bieten, aus dem sie ihr Problem betrachten können. "Unsere Hauptaufgabe ist aber eigentlich das Zuhören", sagt Mokros. Manche Menschen bräuchten einfach jemanden zum Reden. "Oft sind die Menschen sehr einsam, die hier anrufen, oder aber sie brauchen einen neutralen Rat."

Jahrelang sei es so gewesen, dass Frauen rund 80 Prozent der Anrufer ausgemacht hätten. "Seit ungefähr fünf Jahren holen die Männer auf. Nun machen die Frauen nur noch rund 70 Prozent der Anrufer aus", erklärt Mokros. Das liege seiner Meinung nach an dem Umgang mit den neuen Medien wie Facebook oder Twitter. "Männer haben gelernt, sich mitzuteilen." Der Prototyp eines Anrufers sehe so aus: weiblich, älter als 40, eine Beziehungsproblematik und hinzu kommt, dass die Eltern gepflegt werden müssen. Ein Leben im Umbruch, wie Mokros es nennt. Sehr stark vertreten sei die sogenannte Mittelschicht. Ausländer wären nicht oft unter den Anrufern, da "die Sprache hier ein Handicap darstellt". Auch würden sich die Anrufer, die nachts zum Telefon greifen, erheblich von denjenigen am Tage unterscheiden. "Die Anrufer, die in der Nacht anrufen, sind ganz anders. Oft sind sie dünnhäutiger, ehrlicher, haben mehr Angst und spüren eine größere Bedrohung. Das sind Gefühle, die bei Tag abgeschwächt werden." Der Wunsch nach Geborgenheit und die Bedürftigkeit werde größer. Auf der Seite der Helfer gibt es ebenfalls Unterschiede. "Oft sind es Männer, die nachts ihren Dienst anbieten." Gerne hätte Mokros mehr Männer unter den ehrenamtlichen Mitarbeitern. "Im Moment haben wir überwiegend Frauen. Die hohe Zahl an Auflegern lässt vermuten, dass sie gerne das andere Geschlecht dran hätten", meint Mokros.

Andersrum steht es auch den Mitarbeitern frei, ein Gespräch nicht anzunehmen. "Die Aufgabe ist unheimlich interessant und vielfältig, kann aber auch belastend sein." Um richtig mit den Anrufern umgehen zu können, bekommt jeder Freiwille eine Schulung, in der unter anderem Fallbeispiele geübt werden. "Die Unversehrtheit unserer Mitarbeiter steht an erster Stelle." Doch Mokros sieht die Arbeit und die damit einhergehende Ausbildung auch als eine persönliche Bereicherung für die Mitarbeiter. "Jeder Kontakt am Telefon ist eine menschliche, sehr ehrliche, wahrhaftige Begegnung. Unverfälscht und authentisch. Und es macht Spaß, Leute kennenzulernen." Die Arbeit bei der Telefonseelsorge diene der eigenen Entwicklung und dem geübten Umgang mit persönlichen Konflikten. Die Schulung dauert ein Jahr, doch das wichtigste Kapital sei das, was jeder einzelne an persönlichen Geschichten mitbringe. Denn gerade wer sich selbst schon mal in einer schwierigen Situation befunden hat, kann sich in andere hineinfühlen und Hilfestellung leisten. "Im Laufe der Ausbildung zeigen Menschen Stärken und Schwächen. Wir reflektieren diese dann. Es ist auf jeden Fall eine Stärke, wenn jemand schon mal in einer Krise gesteckt hat."

(RP)
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