Mönchengladbach Tauschbörse mit Informationen zur Textilindustrie

Mönchengladbach · Die Tauschbörse ist umlagert: auf langen Tischen sind die mitgebrachten Kleidungsstücke ausgelegt, und nun werden Sachen begutachtet, anprobiert, eingepackt oder mit Bedauern zurückgelegt. Flora und Alina beugen sich über einen Koffer voller jugendlich-modischer T-Shirts, Blusen, Hosen und Röcke. "Darauf habe ich mich schon die ganze Zeit gefreut", sagt die 17-jährige Alina.

 In der Friedenskirchen Margarethenstraße gab es Second-Hand-Kleider zum Schnäppchenpreis und Informationen zur Ausbeute von Näherinnen in Indonesien.

In der Friedenskirchen Margarethenstraße gab es Second-Hand-Kleider zum Schnäppchenpreis und Informationen zur Ausbeute von Näherinnen in Indonesien.

Foto: Ilgner

Etwa vierzig Frauen und vereinzelte Männer sind an diesem Abend in die evangelische Friedenskirche in Eicken gekommen zu einem Infoabend über die internationale Textilindustrie und zu einer Tauschbörse für gebrauchte Kleidung. Regionalpfarrerin Angelika Steinbicker ist als Expertin geladen. Sie beschäftigt sich mit Eine-Welt-Fragen und kennt die Bedingungen, unter denen die Kleidung für den deutschen Markt hergestellt wird, aus eigener Anschauung.

Am Beispiel der indonesischen Freihandelszone Bantam zeigt sie auf, wie dort T-Shirts oder Jeans für Europa genäht werden: von jungen Frauen, denen ihr Pass abgenommen wurde, damit sie nicht gehen können, von denen 16 gemeinsam in einer Wohnung leben, die keinen Arbeitsvertrag haben, für ihre Überstunden nicht bezahlt werden und mit 25 Jahren so verbraucht sind, dass sie nicht weiter arbeiten können.

"Diese Frauen bezahlen, manchmal mit ihrem Leben, für unsere billigen T-Shirts", sagt Steinbicker. In furchtbarer Erinnerung ist noch der Brand in einer Textilfabrik in Bangladesch, der mehr als tausend Näherinnen das Leben kostete. Und selbst wenn die Ware bei uns teuer verkauft wird, hilft das den Näherinnen nichts: Von den hundert Euro, die eine Jeans kosten kann, bekommt die Näherin 30 Cent. Dafür näht sie im Akkord bis zu 16 Stunden.

Um die Arbeitsbedingungen zu ändern, beschwört Angelika Steinbicker die Macht der Verbraucher: "Seien Sie unbequem, fragen Sie in den Geschäften nach den Arbeitsbedingungen bei den Lieferanten, schreiben Sie an die Politiker, damit die Lieferketten offengelegt werden", fordert sie die Teilnehmerinnen auf. Veränderungen seien nur auf politischem Weg erreichbar. Aber auch ein überlegterer Umgang mit Kleidung sei sinnvoll. "Wenn die Kleidungsstücke getauscht und nicht weggeworfen werden, kann das so gesparte Geld auch in fair produzierte Ware fließen", meint sie. Außerdem macht das Tauschen auch noch Spaß. "Ich habe zwei Stücke gefunden", jubelt eine Teilnehmerin. Was übrigbleibt an diesem Abend, muss niemand mehr mit nach Hause nehmen. Es geht an die Siebenbürgenhilfe, die regelmäßig Einrichtungen der Caritas und Diakonie in Rumänien unterstützt.

(arie)
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